Die Novelle "Lenz" von Georg Büchner ist in mannigfaltiger Hinsicht eine Betrachtung wert. Neben vielerlei existierenden Interpretationen mit überwiegend formalen, historischen und gesellschaftlichen, philosophisch-geistesgeschichtlichen und existenziellen oder aber psychologischen und psychiatrischen Aspekten möchte diese Arbeit den Fokus auf die christlich-religiösen Motive und Aspekte des Textes legen, denn parallel zu Lenzens sich zunehmend verschlechterndem Geisteszustandes fällt er ab vom christlichen Glauben. Diese Arbeit will den Text des "Lenz" ohne Berücksichtigung von sicherlich vorhandenen Parallelen zwischen Büchner und dem bei Pfarrer Oberlin Schutz suchenden Lenz analysieren. Besonders ausführlich soll die Rolle des Pfarrers Oberlin als Vertreter des Glaubens betrachtet werden, denn "Nähe und Entfernung zur Vaterfigur Oberlin bestimmen [...] den religionskritischen Diskurs". Lenz ist auf der Suche nach etwas - und er experimentiert auf verschiedenste Weise damit, sich und seinem Leben einen Sinn zu geben: mit Oberlin, mit Gott, mit der Selbstüberhöhung in dem Versuch, ein Kind auferstehen zu lassen, mit der Selbstbestrafung und der Rolle des Sünders. Da Lenzens Suche derart vielseitig ist, soll diese Hausarbeit all diese Themenkomplexe zur Sprache bringen. Nebst der Figur des Pfarrers Oberlin wird deshalb im Verlauf dieser Arbeit auch auf weitere zentrale religiöse Aspekte und Motive des "Lenz'" eingegangen, wie beispielsweise auf die Predigt Lenzens und die Diskrepanz der Vorstellung, die Lenz von der Religion als Instrument zur Erlösung hat, zum anschließend gesungenen Kirchenlied. Auch die Imitatio Dei, der Versuch Lenzens, ein totes Kind wieder zum Leben zu erwecken, darf nicht unbeachtet bleiben, ebenso die eventuellen Parallelen des Leiden Lenzens mit der Passion Christi. Schließlich soll auch Lenz' endgültige Abwendung von Gott Beachtung finden als der Moment, in dem möglicherweise Lenzens Krankheit irreversibel die Oberhand gewinnt. Denn "in einer Welt, aus der die Dimension Gott verschwunden ist, schnurrt dieses Ich [...] zu einem trockenen, einsamen, schmerzhaften Punkt zusammen."1 Am Ende dieser Arbeit soll noch ansatzweise auf die der Erzählung innewohnende Religionskritik Georg Büchners eingegangen werden.
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