Johanna bekommt ihr Kind mitten im Krieg, während eines Fliegerangriffs. Gerade noch hört sie von der Hebamme, dass es ein Junge ist, dann muss sie hinunter in den Keller. Und dort in der Dunkelheit fällt ihr auf, dass sie ihr Neugeborenes in der Küche zurückgelassen hat.
Die Ich-Erzählerin ist
das zweite Wunschkind ihrer Eltern. Sie kommt zu früh, wird trotzdem ersehnt und erwartet. Ihre Mutter…mehrJohanna bekommt ihr Kind mitten im Krieg, während eines Fliegerangriffs. Gerade noch hört sie von der Hebamme, dass es ein Junge ist, dann muss sie hinunter in den Keller. Und dort in der Dunkelheit fällt ihr auf, dass sie ihr Neugeborenes in der Küche zurückgelassen hat.
Die Ich-Erzählerin ist das zweite Wunschkind ihrer Eltern. Sie kommt zu früh, wird trotzdem ersehnt und erwartet. Ihre Mutter strahlt.
Sophia möchte die Geborgenheit des Krankenhauses mit ihrem Kind nicht verlassen, auch wenn ihr Ehemann auf ihre Rückkehr drängt. Ihr Kind wird gewickelt, sie kann die Nächte durchschlafen.
Drei sehr unterschiedliche Erfahrungen von Mutterschaft und doch wird sich herausstellen, dass alle drei Frauen miteinander verbunden sind. Sofia und Johanna sind die Großmütter der Ich-Erzählerin und um sie und ihre Töchter Rosa und Frieda, sowie Johannas Sohn Arno dreht sich Bettina Schleiflingers „Erbgut“. Dabei erhaschen wir von den vielseitigen Lebenserfahrungen der Protagonist*innen nur kurze Augenblicke. Wie kleine Blitzlichter lässt die Autorin die Szenen aufleuchten, so dass Lesende erst nach und nach die Zusammenhänge begreifen und die zeitliche Abfolge selbst erschließen müssen. Die Autorin verlangt uns hier einiges ab und es gibt wenig Hilfestellung, wenn man von einer Zeitebene in die andere geworfen wird, wobei Themen wie Mutterschaft, Verlust eines Kindes, Partnerschaft und Selbstfindung durch alle Generationen immer wieder auftauchen.
Ich hatte Schwierigkeiten mich auf diese Erzählweise einzulassen, habe mir mit Bleistift einen kleinen Stammbaum auf die erste Seite des Buches gezeichnet, den ich immer wieder konsultierte. Im Nachhinein denke ich, dass es vermutlich besser gewesen wäre, sich durch die Erzählung treiben zu lassen, eher darauf zu achten, welche Elemente durch die Generationen immer wiederkehren, welche Gefühle von Scham, Verlustängsten und Enttäuschung sich durch alle Generationen ziehen, vermutlich sogar vererbt werden. Hierfür war mir dann aber die Themenfülle häufig zu groß und die Wechsel zwischen den kurzen Einblicken gerieten so schnell, dass ich Schwierigkeiten hatte, mich in die Personen einzufühlen. Einiges ist dennoch hängengeblieben und wirkt nach, wie die starken Anfangsszenen oder Johannas Geschichte, die mit der Verachtung der anderen Dorfbewohner leben muss, nachdem ihr Mann als Nationalsozialist verurteilt wurde. Auch Arno und sein Aufbegehren gegen den strengen Vater bleiben mir in Erinnerung. Es war spannend, den Charakteren immer wieder in unterschiedlichen Altersstufen zu begegnen
Auch hat der Roman Gedanken darüber bei mir angestoßen, welche Erfahrungen wir von unseren Elterngenerationen übernehmen, ohne darüber zu wissen. Welche Ängste und Wünsche wir vielleicht in uns tragen, die nicht unsere eigenen sind.
Auch wenn mir die formelle Umsetzung also Probleme bereitet hat, fand ich das Konzept des Romans überaus spanend.