Die »Wandlung Aseneths« genannte zentrale Episode in der frühjüdischen Schrift »Joseph und Aseneth« (JosAs) funktioniert nach dem Schema der rites de passage, wie es Arnold van Gennep beschrieben hat, und weist darüber hinaus im Anschluss an Victor Turner Kennzeichen des Liminalen auf. Gleichzeitig bricht sie mit dem Schema der Mädchentragödie (Walter Burkert), nach der die Protagonistin unterworfen werden müsste. Ausgehend von diesen Beobachtungen zeigt Wetz, dass Aseneth durch ihre Wandlung, die sowohl eine Konversion zum Judentum als auch einen biographischen Übergang vom Mädchen zur Frau darstellt, Freiheit zur Selbstbestimmung erfährt. Die Darstellung dieses doppelten Übergangs als rite de passage trägt das Motiv der Auferstehung, des Durchgangs des Lebens durch den Tod hin zu neuem Leben, in die Erzählung ein.Die anschließende religionsgeschichtliche Analyse zeigt, dass zentrale Motive der Wandlungsepisode auf die Auferstehungs- und Freiheitsthematik verweisen. Da die rites de passage als kulturübergreifend zu fassendes Phänomen integraler Bestandteil der conditio humana sind, gelingt es der Erzählung, ihren historischen wie ihren modernen Rezipienten mitzunehmen auf Aseneths Weg zu einem biographischen Neuanfang.Die Lektüre von JosAs erhält die Funktion therapeutischer Katharsis. Wetz legt Wert auf die Feststellung, dass das, was zur conditio humana gehört, sich in einem biologisch-kulturellen Adaptionsprozess im Laufe der Humanevolution entwickelt hat. Dies fungiert als theoretische Grundlage dafür, dass die Rezipienten von JosAs kultur- und zeitenübergreifend angerührt werden.