Venezianische Gemälde des Cinquecento mit dem Sujet der biblischen Gestalt Judith stehen als Werkgruppe im Mittelpunkt der Untersuchung, die als Beitrag zur kunsthistorischen gender-Forschung zu verstehen ist. Im Gegensatz zu älteren Darstellungen stellen die Maler statt der bislang gültigen allegorischen Implikationen den weiblichen Körper der Heldin Judith, die mit dem Mord an dem Heerführer Holofernes ihre Heimatstadt befreit, in den Vordergrund. Die Analyse der Kompositionen belegt die absichtsvolle Marginalisierung der traditionellen ikonographischen Attribute der Judith, die dazu beiträgt, den Körper als das wirkungsmächtigste Instrument in der Ausübung der Tat zu fokussieren. In der Folge wird der Kopf des Holofernes zur Metapher für die Ohnmächtigkeit des männlichen Feindes, der so in der Wahrnehmung des Malers wie auch des Rezipienten zu einem Opfer mutiert. In diesem Zusammenhang sind die Verbindungen mit der Salome - Ikonographie und der Darstellung Judiths in den Zyklen zum Weiber-macht-Topos weitere Indizien für die Umdeutung der jüdischen Heldin Judith im venezianischen Cinquecento. Die in den Bildern visualisierten Konzepte von Weiblichkeit werden mithilfe gattungsspezifischer, ikonographischer und motivgeschichtlicher Untersuchungen in Verbindung mit dem soziokulturellen Kontext analysiert. In Opposition zur bisherigen unzureichenden Forschung, die die Bilder einerseits als Nebenprodukt der Kompositionsform der venezianischen Bella-Darstellungen kategorisiert oder andererseits einer vermeintlich bedeutenderen, weil plakativ negativen bildlichen Umdeutung der Heldin in den folgenden Jahrhunderten unterordnet, gibt diese Untersuchung den halbfigurigen Gemälden der Judith des venezianischen Cinquecento ihre Bedeutung innerhalb ihrer Entstehungszeit zurück.
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