Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Kunst - Bildhauerei, Skulptur, Plastik, Note: 1,7, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Institut für Kunstgeschichte), Veranstaltung: Die gotische Skulptur, Sprache: Deutsch, Abstract: Das nördliche Querhaus von Chartres ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sein ikonographisches Programm und die Ausarbeitung seines Bildwerkes spiegelt nicht nur ein geistiges und künstlerisches Erwachen wider, es stellt außerdem, ganz nach dem Vorbild von Senlis, das mariologische Thema in den Vordergrund und bricht so mit der christologischen Tradition. Die heterogene Gestaltung des nördlichen Querhauses erklärt sich durch das Ende eines religiös, dogmatischen Schlummers, denn zur Erbauungszeit der gotischen Kathedrale wurden wichtige theologische Fragen kontrovers diskutiert. Die Entscheidung, am nördlichen Querhaus von Chartres Themen des Alten und des Neuen Testaments darzustellen, könnte von dem Wunsch herrühren, beide Schriften als Einheit zu verknüpfen. Vor allem aber, was die Skulpturengestaltung anbelangt, lassen sich am Nordquerhaus dieser Kathedrale tiefgreifende Veränderungen ausmachen. Wie in der Belser Stilgeschichte über die Entwicklung der gotischen Skulptur treffend zu lesen ist,"tritt die (...) freistehende Plastik vor der Folie des vertikalen Mauergerüstes in ein vollkommen neues Verhältnis zum Raum. Die lebensgroßen Standbilder stehen vereinzelt, sogar oft isoliert voneinander, unter kleinen Architekturbaldachinen, die ihnen optisch den notwendigen Raummantel umlegen. Selbst diese exemplarische Gestalten (Propheten, Apostel) werden im Laufe der Zeit menschlicher, körperlich bewegter und treten untereinander in dialogische Beziehungen. (...) Aus einem über die byzantinischen Vorbilder wiedergewonnenen Verhältnis zur Antike wird die Plastik mit neuem Leben erfüllt und vermenschlicht. (...) Die menschliche Gestalt wird für würdig befunden, Übermenschliches auszusprechen." Diese Seminararbeit wird untersuchen, inwiefern diese Entwicklung an den Portalen des Nordquerhauses auszumachen ist. Dabei spielen vor allem die Bildwerke des Hiob-Salomo-Portals eine große Rolle. Dieses Portal, welches von einer aus Sens stammenden Werkstatt angefertigt wurde, zeichnet sich laut W. Sauerländer durch eine Formensprache "unruhevoller Bewegtheit" aus und verfügt dabei gleichzeitig über eine "dramatisch beseelte Erzählweise". Durch eine Besprechung der Skulpturen am nördlichen Querhaus soll hier erörtert werden, wodurch die Bildwerke ihre Lebendigkeit und sogleich ihre Zeitlosigkeit erhalten, da wir doch, wann immer wir ihnen gegenüber treten, etwas von uns in ihnen entdecken werden.
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