Der spatial turn hat in der Mediävistik zu neuen Ansätzen in der Frage nach Raumkonzepten im Mittelalter geführt, die die Abhängigkeit des Raums von Bewegung und Kommunikation seiner Bewohner und Betrachter dominant setzen. Bislang allerdings wurde kaum differenziert zwischen der philosophischen Raumdiskussion des Mittelalters und einer spezifisch literarischen Raumgenese.
In der vorliegenden Arbeit soll dieses Desiderat geschlossen werden durch eine konsequente Engführung von Erzählakt und literarischem Raum. Der zentrale methodische Zugriff erfolgt über den virtuellen Raum: Mit Erzählraum und erzähltem Raum erschafft der performative Akt des Erzählens grundsätzlich zwei virtuelle Räume, die nur für die Dauer ihrer Kommunikation und für die daran Beteiligten existent sind. Jede höfische Erzählung entfaltet ihre Räumlichkeit innerhalb dieser virtuellen Grunddisposition, was sich auch regelmäßig innerhalb der Erzählungen widerspiegelt.
Das scheinbar moderne Konzept des virtuellen Raums kann so besonders in seinen Formen Erzählraum, musikalischer Raum und Erinnerungsraum historisiert und für eine Textinterpretation höfischer Epik im 12. und 13. Jahrhundert fruchtbar gemacht werden.
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"Was aber Wagners Zugriff auf die Texte deutlich werden lässt, ist, dass es - bei vormodernen Raumvorstellungen zumal - nicht so sehr darauf ankommt, warum ein bestimmter Raum diese oder jene, vielleicht auch widersprüchliche Merkmale aufweist, sondern vor allem darauf, für wen dies jeweils gilt. Wagners Studie gibt insofern ein geeignetes Instrumentarium an die Hand, um gerade die Perspektivengebundenheit und Dynamik narrativer Raumschilderungen adäquat beschreiben zu können."
Thomas Poser in: Arbitrium 37.1 (2019), 34-39
Thomas Poser in: Arbitrium 37.1 (2019), 34-39