Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - 1848, Kaiserreich, Imperialismus, Note: 1, Georg-August-Universität Göttingen, Veranstaltung: Proseminar "Wilhelminismus", Sprache: Deutsch, Abstract: Die deutschen Universitäten galten, einige gegenläufige Tendenzen während der Restaurationszeit ausgenommen, in den ersten siebzig Jahren des 19.Jahrhunderts als „Hort liberaler Überzeugungen und vorurteilsfreien Denkens“, von denen bedeutende Impulse für die Emanzipation der Juden ausgegangen waren.1 Von den späten 1820ern bis zu den frühen 1870er Jahren war kein tonangebender Antisemitismus in der organisierten Studentenschaft zu bemerken.2 Auch von den ersten judenfeindlichen Hetzkampagnen in der kleinbürgerlichen und ultrakonservativen Presse um 1875 schien der akademische Bereich keine Notiz zu nehmen.3 Dieses Bild änderte sich jedoch rapide, die deutschen Hochschulen wurden sehr bald zu Zentren des Antisemitismus.4 Bereits mit der Gründung des ersten Vereins Deutscher Studenten in Berlin im Jahre 1880 konnte sich der Antisemitismus auch an den Hochschulen organisieren. Spätestens seit der Jahrhundertwende galt er als soziale Norm in der organisierten Studentenschaft, selbst die Burschenschaften, die eine lange liberale Tradition aufzuweisen hatten, nahmen keine Juden mehr auf. „Die gesellschaftliche Isolierung des jüdischen Studenten ist heute in der Hauptsache vollzogen,“ konstatiert 1902 ein Mitglied eines Vereins Deutscher Studenten.5 Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich der Antisemitismus als selbstverständliche Weltanschauung in großen Teilen der organisierten Studentenschaft etablieren, wie es nur wenige Jahrzehnte nach der Revolution von 1848 zu der völligen Ablösung der akademischen Jugend von der liberalen Grundhaltung ihrer Vätergeneration und der Herausbildung einer akademischen Trägerschicht des Antisemitismus kommen konnte.6