Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Universität Augsburg (Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Seminar: Geschichte des Dramas im 18. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung Im Sommer des Jahres 1746 vollendete Johann Elias Schlegel „Canut“, sein letztes Trauerspiel, bevor er 1749 in Sorø starb. Das Stück handelt von der Zeitenwende von der „Barbarei“ zum Zeitalter der Aufklärung. Schlegel stellt in der Hauptperson des Canut seine Idealvorstellung eines aufgeklärten Monarchen vor. Canut, der nicht mit Gewalt regiert, sondern das Herrschen als die hohe Verpflichtung gegenüber den Untertanen versteht1, war von Schlegel als Vorbildfigur für den realen König von Dänemark, Friedrich V. konzipiert2, und verkörperte seine Vorstellung vom aufgeklärten Absolutismus. Ihm gegenüber steht Ulfo als Außenseiter der neuen Gesellschaft, der mit dem neuen Verständnis von Gemeinschaft nichts anzufangen weiß3. In der allgemeinen Forschung wurde viel über den Gegensatz dieser Welten geschrieben und über die Bedeutung und Funktion Ulfos im Stück. Bereits die zeitgenössischen Kritiker wie Lessing und Nicolai konzentrierten sich vollends auf die Gestalt des Ulfo und ihre Wirkung auf die Zuschauer. Nicolai geht sogar so weit, das Stück ändern zu wollen und Ulfo den Canut ermorden zu lassen, welcher ihm sterbend vergeben und so seine Güte besser zum Ausdruck bringen sollte4. Die neuere Forschung und die zeitgenössische Kritik haben diese einseitige Fokussierung auf die Personen Canut und Ulfo gemeinsam, nur selten wird auf die Gestalt der Estrithe, Canuts Schwester und Ulfos Ehefrau, dezidierter eingegangen. Ihre Rolle wird meist auf den Konflikt zwischen ehelichen und verwandtschaftlichen Pflichten reduziert. Eine rühmliche Ausnahme bildet hierbei Sybille Plassmann mit ihrem im Jahr 2000 erschienenen Buch „Die humane Gesellschaft und ihre Gegner in den Dramen von J.E. Schlegel“. Sie geht darin vor allem auf die Entwicklung der Figur ein. Diese Arbeit soll nun neben dem Aspekt der Entwicklung Estrithes auch ihre Funktion bei dem Versuch der Erziehung Ulfos zu einem den neuen gesellschaftlichen Normen angepassten Menschen eingehen, und zeigen, in wie fern Estrithe als Verkörperung des Privaten und als Vorläuferin der Heldin des bürgerlichen Trauerspiels gesehen werden kann.