Das Römische Reich ist nie wirklich untergegangen. Bis heute ist sein Einfluss allgegenwärtig, jedes nachfolgende Imperium hat sich direkt oder indirekt als Erbe der alten Römer gesehen: Byzanz, das Heilige Römische Reich von Karl dem Großen, die K.-u.-k.-Monarchie oder das Deutsche Kaiserreich.
Der Mythos Rom zog sie alle in seinen Bann: Napoleon verehrte Caesar und ließ sich nicht zum König, sondern gleich zum Kaiser krönen. Die italienischen Faschisten träumten von der Wiedergeburt des Imperium Romanum, die Nazis vom großgermanischen Weltreich. Die Kommunisten um Luxemburg und Liebknecht eiferten Spartakus nach, während Mark Zuckerberg, Digitalherrscher des 21. Jahrhunderts, besessen ist von Kaiser Augustus. Und in der Populärkultur, ob Asterix, Ben Hur oder Gladiator, lebt das Römische Reich ohnehin munter weiter.
Der bekannte italienische Journalist Aldo Cazzullo rekonstruiert den Mythos des Imperiums: angefangen bei Aeneas über Republik und Kaiserzeit bis hin zu den Ideen und Insignien einer Supermacht, in der unsere heutige Kultur ihren Ursprung hat.
Dabei zeigt Cazzullo nicht nur, wie Rom auf unseren Straßen, in unseren Köpfen, Worten und Symbolen weiterlebt, sondern auch, wie eigentlich alles, was wir heute Westen nennen, nach Rom führt.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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Aldo Cazzullo über das Römische Reich
Tief ist der Brunnen der römischen Geschichte, und was daraus ans Licht des einundzwanzigsten Jahrhunderts befördert werden kann, passt auf keine Kuhhaut. Der deutsche Titel von Aldo Cazzullos Buch führt in die Irre, im Original heißt es "Quando eravamo i padroni del mondo - Roma: l'impero infinito", und das trifft es besser. Denn was der Autor hier unternimmt, ist nichts anderes als den Bibliotheken von römischen Geschichten noch eine weitere hinzuzufügen, auf schlanken dreihundert Seiten noch einmal die Geschichte des Imperiums nachzuerzählen. Zu berichten, wie sich das angefühlt haben muss, "[a]ls wir die Herren der Welt waren" - und mit "wir" sind nach einer kurzen Verbeugung vor den Europäern dann doch die heutigen Italiener gemeint.
Der gebürtige Piemontese Cazzullo, Jahrgang 1966, ist stellvertretender Chefredakteur des "Corriere della Sera", einer führenden italienischen Tageszeitung. Es geht ihm um die Stiftung von Identität, wenn er seinen Zeitgenossen schildert, wie sehr nicht nur alle auf Rom folgenden Imperien dieses nachgeahmt haben, sondern wie sie selbst persönlich auf den Schultern von Riesen stehen. Und dass sie gut beraten wären, sich um die Wiederbelebung dieser fernen Welt zu bemühen - um eine globale, multiethnische, "wohlhabende Zivilisation, die nicht deshalb in Frieden lebt, weil sie unkriegerisch ist, sondern weil sie stark ist".
Offenkundig ist dem Journalisten der Traum vom imperialen Glanz des Weltreichs eine gebotene Ablenkung von der Mühsal der Gegenwart eines Landes, das in der Nachkriegszeit bislang achtundsechzig Regierungen mit einunddreißig Ministerpräsidenten erlebte. Cazzullo schabt also von den Brunnenwänden, was Mythologie und Literatur hergeben, um seine These zu illustrieren. Roms Ruinen führten über "Asterix und Obelix" bis nach Hollywood, und nicht nur das ist ihm Anlass, stolz auf sie zu sein. In diesen Stolz mischen sich deutlich vernehmbare Pathosformeln.
Durch einen vom Lektorat übersehenen Setzfehler spendiert uns die Übersetzung sogar ein neues Verb. Der Schlüssel zum Verständnis der römischen Geschichte liege in dem "was davongeblieben ist". "Davonbleiben", das transportiert eine philosophische Einsicht, die das Buch unfreiwillig auf den Punkt bringt. HANNES HINTERMEIER
Aldo Cazzullo: "Ewiges Imperium". Wie das Römische Reich die westliche Welt prägt.
Aus dem Italienischen von Thomas Stauder und Andreas Thomsen. HarperCollins Verlag, Hamburg 2024. 320 S., geb., 24,- Euro.
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