Zwischen Wahn und Wirklichkeit
Um es gleich vorwegzunehmen, „Die dunkle Treppe“ von Helen FitzGerald hatte ich mit Begeisterung verschlungen. Doch „Ex“ konnte meine Erwartungen hinsichtlich eines fesselnden, psychologisch raffinierten Thrillers nicht erfüllen. Worum geht es?
»Sie müssen mir nur
sagen, ob er es ist«, so beginnt der 1. Satz des Buchs. Catriona Marsden soll ihren Exfreund Achmed…mehrZwischen Wahn und Wirklichkeit
Um es gleich vorwegzunehmen, „Die dunkle Treppe“ von Helen FitzGerald hatte ich mit Begeisterung verschlungen. Doch „Ex“ konnte meine Erwartungen hinsichtlich eines fesselnden, psychologisch raffinierten Thrillers nicht erfüllen. Worum geht es?
»Sie müssen mir nur sagen, ob er es ist«, so beginnt der 1. Satz des Buchs. Catriona Marsden soll ihren Exfreund Achmed anhand seines besten Stücks identifizieren. Ihre Reaktion fällt etwas merkwürdig aus und so wird sie kurz darauf wegen dreifachen Mordes verhaftet. Denn wie Achmed soll Cat auch Johnny und Rory getötet und ihrer Männlichkeit beraubt haben - mit einer Gartenschere. Dabei wollte sie doch nur ein letztes Mal mit ihren Exfreunden ins Bett gehen, bevor sie Joe heiratet, einen italienischen Arzt.
Stewart, der vierte Ex, kommt davon, weil sein Flug nach Edinburgh gestrichen wurde. Eines Tages schleppt Cats Mutter Irene die Journalistin Janet an. Sie soll Cats Biografie schreiben, um sie zu entlasten. Doch ihre Biografin macht sie zur Psychopathin. Erst als Cats Jugendfreundin Anna sie im Gefängnis besucht, kommt so etwas wie Hoffnung auf.
Helen FitzGerald erzählt die Geschichte in der Ich-Perspektive aus Sicht von Cat. Aber es werden auch immer wieder Einträge aus der von Janet geschriebenen Biografie eingestreut. Was ist wahr und was ist nur das Ergebnis unserer Fantasie? Zum Schmunzeln finde ich es jedenfalls nicht, dazu ist die Sprache zu vulgär. Auch den vielgepriesenen rabenschwarzen Humor habe ich vermisst.
Cat kommt ziemlich naiv und direkt rüber. Schon als Kind war sie wohl schwierig. Außerdem hat sie Blackouts und kann sich an vieles nicht erinnern. Auch nicht an die Morde. Aber irgendetwas ist da, ein Zweifel, „ein glänzendes Ding“, die Gartenschere? Die Erinnerung daran notdürftig geflickt mit Tesafilm. Zu guter Letzt leidet sie unter Stimmungsschwankungen, trinkt zu viel Alkohol und konsumiert Drogen. Aber ist sie deshalb eine Mörderin?
„Ex“ erzählt eine Geschichte von Schuld und Sühne, Rache und Selbstjustiz und davon, wie man am Ende immer wieder von der eigenen Vergangenheit eingeholt wird. Eine Geschichte, die für meinen Geschmack etwas spannender hätte sein können. Und wie so oft stellt sich mir auch hier die Grundsatzfrage: Kann ein Verbrechen mit der schwierigen Biografie des Täters entschuldigt werden?
Verdächtige werden so auffällig in den Vordergrund geschoben, dass sie von Natur aus schon nicht in Frage kommen. Erst im letzten Teil kommt so etwas wie Spannung auf, allerdings enttäuscht die Auflösung dann doch. Den Täter dürften routinierte Leser lange herausgefunden haben und so gibt es am Ende nur eine wirkliche Überraschung, den bitterbösen Showdown.
Fazit: Solider Psychothriller, leider mit vorhersehbarem Ende.