In akademischen Kontexten zirkulieren heute multiple Vorstellungen von geistiger Exzellenz und Begabtenförderungswürdigkeit, von Brillanz, Innovation und Herausragendem. Sie spiegeln sich in der omnipräsenten Rede von "Elite-, Prestige- und Exzellenzuniversitäten", von "Exzellenzinitiativen, -clustern und -strategien" sowie "Spitzen- und Höhenkammforschung" und vom "Zukunftskonzept" wider. Das Streben nach Exzellenz hat die Positionierung und Wahrnehmung der bundesrepublikanischen Universitäten in Bewegung gebracht. Es ist Zeit für eine selbstkritische Reflexion und Evaluation neuerer politischer Entwicklungen im deutschen Hochschulsystem. Denn was suggeriert das exzellenzorientierte Sprechen in Superlativen, das bereits eineinhalb Dekaden andauert? Und: Auf welchen wissenschafts- und kulturhistorischen Vorläufern fußen die Exzellenzierungsrhetoriken und der Hang zur Selbstidealisierung? Im Geniekult der europäischen Moderne, wie er sich fachübergreifend um 1900 zeigte, avancierte das "Genie" zu einer heftig umstrittenen Wissensfigur. Sie übernahm vielfältige symbolische, quasi-religiöse, epistemologische und wissenschaftspolitische Funktionen. Zum Beispiel sollten mit ihrer Hilfe das religiöse Vakuum gefüllt und antifeministische und antisemitische Ideen vermittelt werden. Die multidisziplinär analysierenden Beitragenden des Bandes diskutieren das seit der Antike debattierte 'Genieproblem': zum einen entlang Fragen der Geniebiographik und "genialen Manie", der Geschichte von Begabtenpsychologie, Persönlichkeitsforschung und Züchtungsphantasien, der Forschungsuniversitäten im Verbund mit nationalökonomischen Interessen, der Geniereligiösität und Doppelgängergestalt sowie weiblicher Genialität. Erkundet wird zum anderen der diachrone Bezug zur zeitgenössischen Spannung zwischen herausragenden Einzelforscher*innen und Wissenschaftskollektiven im Rahmen von Exzellenzierungsbestrebungen.
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