«Jahre später, sie waren längst erwachsen und ein jeder verstrickt in sein eigenes Unglück, wusste keiner von Arthur Friedlands Söhnen mehr, wessen Idee es eigentlich gewesen war, an jenem Nachmittag zum Hypnotiseur zu gehen.» Mit diesem Satz fängt er an, Daniel Kehlmanns Roman über drei Brüder, die - auf je eigene Weise - Heuchler, Betrüger, Fälscher sind. Sie haben sich eingerichtet in ihrem Leben, doch plötzlich klafft ein Abgrund auf. Ein Augenblick der Unaufmerksamkeit, ein winziger Zufall, ein falscher Schritt, und was gespenstischer Albtraum schien, wird wahr. Es ist der Sommer vor der Wirtschaftskrise. Martin, katholischer Priester ohne Glauben, übergewichtig, weil immer hungrig, trifft sich mit seinem Halbbruder Eric zum Essen. Der hochverschuldete, mit einem Bein im Gefängnis stehende Finanzberater hat unheimliche Visionen, teilt davon jedoch keinem etwas mit. Schattenhafte Männer, sogar zwei Kinder warnen ihn vor etwas, nur: Diese Warnungen gelten gar nicht ihm. Gemeint ist sein Zwillingsbruder Iwan, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, und schon nimmt das Unheil seinen Lauf. Daniel Kehlmanns Roman über Lüge und Wahrheit, über Familie, Fälschung und die Kraft der Fiktion ist ein virtuoses Kunstwerk - vielschichtig, geheimnisvoll und kühn.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Am Nasenring fühlt sich Andreas Breitenstein vom Autor durch dessen neuen Roman geführt. Das ist auch schon alles, was der Rezensent gegen Daniel Kehlmann und seine Kunst einzuwenden hat, aber es ist nicht wenig. Breitenstein versucht gar nicht erst, dem Autor seine Brillanz streitig zu machen, sein Können beim Verfertigen von Pointen, süffigen Dialogen, subtiler Spannung und luziden Gedanken zum Zeitgeist, beim Erschaffen von individuellen Stimmen und elastischen thematischen und dramaturgischen Verknüpfungen. Dass ihm etwas Entscheidendes in Kehlmanns Literatur fehlt, verschweigt Breitenstein allerdings auch nicht. Kehlmann gibt in seinem Buch "Ruhm" sogar einen Hinweis darauf, wie Breitenstein erläutert. Da spricht der Autor selbstktitisch von seiner "sterilen Brillanz". Zu viel Perfektion ist am Ende tödlich, heißt das wohl. Literatur braucht das Offene, meint der Rezensent, sonst fühlt sich der Leser überflüssig.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Beeindruckend, wie «F» mit jeder Veränderung der Perspektive an Rasanz und Dichte gewinnt. So nah kamen sich philosophischer Roman und Pageturner noch nie. Die Welt