Facebook mit seinen 3 Milliarden Nutzern und zahlreichen Verflechtungen zu Plattformen von Drittanbietern ist ein Gigant auf dem Gebiet sozialer Netzwerke. Der kulturelle, wirtschaftliche und politische Einfluss geht weit über das hinaus, was sich ihre Schöpfer, insbesondere Mark Zuckerberg, Anfang
der 2000er Jahre vorgestellt haben. Das ist Grund genug, sich mit der Entwicklungsgeschichte, den…mehrFacebook mit seinen 3 Milliarden Nutzern und zahlreichen Verflechtungen zu Plattformen von Drittanbietern ist ein Gigant auf dem Gebiet sozialer Netzwerke. Der kulturelle, wirtschaftliche und politische Einfluss geht weit über das hinaus, was sich ihre Schöpfer, insbesondere Mark Zuckerberg, Anfang der 2000er Jahre vorgestellt haben. Das ist Grund genug, sich mit der Entwicklungsgeschichte, den Zielen und dem Einfluss von Facebook auseinanderzusetzen.
Technik-Redakteur und Kolumnist Steven Levy beschäftigt sich seit 30 Jahren mit der digitalen Revolution. Das vorliegende Buch beruht auf über 300 Interviews mit aktuellen und ehemaligen Facebook-Angestellten. Autor Levy zeichnet die Entwicklungsgeschichte von Facebook, die gleichzeitig die Lebensgeschichte einer Gruppe jugendlicher Programmierer ist, nach. Wie bereits der Titel deutlich macht, handelt es sich nicht nur um ein aufklärendes Werk, sondern um eine kritische Analyse.
Wie man Daten akquiriert, erläutert Zuckerbergs Studienkollegin Meagan Marks im Zusammenhang mit dem Facebook-Vorgänger Facemash: "Er las keine Daten aus. Man musste sich selbst registrieren, und innerhalb eines Monats hatte er schon die Hälfte der Studenten als Nutzer. Es war also gar nicht nötig, Daten auszulesen." (82) Dieses Prinzip entwickelte sich zum Erfolgsrezept von Facebook. Die Nutzer geben selbst intime Daten freiwillig ab.
Finanziert wird Facebook durch Auswertung von Daten und Werbung, was nicht jedem Insider von Facebook gefiel. "Die klügsten Köpfe meiner Generation denken darüber nach, wie man Leute dazu bringen kann, auf Werbebanner zu klicken. Das ist ganz großer Mist", so der ehemalige Mitarbeiter Jeff Hammerbacher über die Facebook-Politik. (259) Zuckerberg stand derartiger Kritik nicht aufgeschlossen gegenüber. Er setzte auf Wachstum um jeden Preis. Und mit Daten ließen sich große Geschäfte machen.
Der freizügige Umgang mit Daten und der fehlende Datenschutz brachten die Manager von Facebook immer wieder in Erklärungsnot, auch vor höchsten politischen Gremien. Mit der Einführung der Likes, dem Newsfeed und der unreflektierten Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte wurde der Datenschutz vollends ausgehöhlt. Mittels der Likes wurden soziale Profile erstellt (484) und der Newsfeed entwickelte sich zur Propagandamaschine. (418) Facebook verlor an Ansehen.
Spätestens die Affäre um Cambridge Analytica/SCL präsentierte der Welt die politische Dimension von Facebook. Gleichzeitig wundert man sich über die Naivität deren Vorstandes. Levy berichtet sachlich und beschönigt nichts. Facebook hat sich selbst ein negatives Image verpasst, von dem es ihm nicht gelingt, sich zu befreien. Die Lösung kann nicht darin bestehen, Konkurrenten zu diffamieren. (561) Auch in der IT-Welt ist Facebook umstritten. "Wenn Du nicht der Kunde bist, bist Du das Produkt", so Tim Cook, Chef von Apple. (580)
Autor Levy kennt Mark Zuckerberg seit 2006. Trotz aller Kritik, die sich im Zuge der Recherche abgezeichnet hat, erhielt Levy uneingeschränkten Zugang zu allen Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern von Facebook. Zuckerberg ist von seiner Mission getrieben, die Welt zu vernetzen. Die Umsetzung seiner Vision führte zu zahlreichen Kollateralschäden und insbesondere zu Vertrauensverlust. Als Lösung favorisiert er einen den Krisen angepassten autoritären Führungsstil und eine enge Verzahnung der übernommenen IT-Firmen wie z.B. Instagram und WhatsApp mit Facebook. Ob dieses Konzept aufgeht, wird die Zukunft zeigen.