Absolut packender Psychothriller-Krimi
Die Geschichte:
Eine grausam zugerichtete Frauenleiche wird gefunden. Das Ermittlerteam Martin Keller, Julia Beck, Li Cheung Kwok-Wing und Kriminalrat Rudolf Preiß steht vor einem Rätsel und einem Wettlauf mit dem Mörder. Denn der belässt es nicht bei dem
einen Opfer.
Meine Meinung:
Stefan Zeh hat einen Thriller geschrieben, der zugleich durch die…mehrAbsolut packender Psychothriller-Krimi
Die Geschichte:
Eine grausam zugerichtete Frauenleiche wird gefunden. Das Ermittlerteam Martin Keller, Julia Beck, Li Cheung Kwok-Wing und Kriminalrat Rudolf Preiß steht vor einem Rätsel und einem Wettlauf mit dem Mörder. Denn der belässt es nicht bei dem einen Opfer.
Meine Meinung:
Stefan Zeh hat einen Thriller geschrieben, der zugleich durch die Ermittler auch in den Bereich Krimi reicht. Als Grundthema hat er sich Stalking ausgesucht. Ein Thema, das man mit all seinen Facetten und Folgen gar nicht so auf dem Schirm hat, solange man nicht direkt oder indirekt betroffen ist. Dass gestalkte Menschen besonders belastet und am Ende nervliche Wracks sind, ist bekannt und auch nachvollziehbar. Wie perfide Stalker aber vorgehen, dass sie ihren Opfern eben nicht nur an jeder Ecke auflauern und sie mit Anrufen und Briefen bombardieren, wird einem eigentlich erst so richtig klar, wenn man den Roman gelesen hat.
Besonders spannend wird die Geschichte durch die Verflechtung von drei Erzählsträngen: dem nächsten Opfer, dem Ermittlerteam und dem Täter, wobei letzterer die Entwicklung seiner Brutalität von Kindesbeinen an in Ich-Form erzählt und somit auch einen guten Blick in die Psyche gibt. Dabei hat Zeh Wendungen und Fährten gelegt, die, folgt man ihnen weiter, oftmals in die Irre oder ins Leere führen. Bis sich ein kleiner Zipfel zeigt, der dann den Beginn des Fadens zum Knoten bildet.
Die Charaktere sind absolut gelungen. Julia, die junge Kommissarin, die gerade aus der Polizeischule kommend gleich in ihren ersten Mordfall gezogen wird. Leider wird sie Martin Keller zugeordnet, der sich als absoluter Stinkstiefel erweist, der sich gern mal einen Schluck aus dem Flachmann gönnt und Julia niedermacht, wo er nur kann. Die einzige Kompetenz, die er ihr zuspricht, ist das Kaffee kochen. Gleichzeitig hat sie noch mit dem Tod ihrer Mutter zu kämpfen, der zwar schon zwei Jahre zurückliegt, sie aber immer noch belastet. Als Dritter im Bunde bildet Li den Ruhepool, der sich mit täglichen Qigong Übungen in psychischer Balance hält. Nicht zuletzt ist da noch Kriminalrat Preiß, der als einziger noch Einfluss auf Keller hat.
Wie perfide Stalker ihre Opfer manipulieren, sie vor den Ermittlern als vom Wahn getriebene, schon fast unzurechnungsfähige und nach Aufmerksamkeit suchende Simulanten erscheinen lassen, ist schon heftig.
Der Roman spielt in Stuttgart, der schwäbischen Hauptstadt Baden-Württembergs und Zehs Heimatstadt. Zeh hat es sich nicht nehmen lassen, augenzwinkernd die schwäbische Mentalität in Form eines breit schwäbelnden, kleinkarierten, peniblen typisch schwäbischen Hausmeisters in die Geschichte einzubauen. Ich habe bei der Passage herzhaft gelacht. Als Südbadnerin habe ich mit dem Dialekt kein Problem und mein Gelächter entstammt der nicht ernst gemeinten Hassliebe zwischen Badnern und Schwaben. Das Schwäbische unterscheidet sich zwar vom Badischen, gehört aber genauso zum Alemannischen Sprachbereich und hat von daher viele Parallelen. Für Nordlichter (Norden beginnt für uns ab der Landesgrenze) dürfte es aber schwierig werden. Für diese Leser hat Zeh wohlwissend eine Übersetzung der Passage ans Ende des Romans gesetzt.
Fazit:
Der Autor hat einen absolut packenden Psychothriller geschrieben, in dem er gut recherchierte Informationen zum Thema Stalking verarbeitet hat. Er führt den Leser in eine Welt, die überall um uns herum existiert und schärft damit die Aufmerksamkeit und den Blick auf Mitmenschen. Denn nicht alle Betroffenen zeigen, dass sie mit einem Stalker zu kämpfen haben. Und auch die gesetzlichen Maßnahmen gegen Stalker greifen erst, wenn es tatsächlich ernst geworden ist. Gerade deshalb sind solche Romane auch wichtig. Denn in Form eines fesselnden Thrillers lassen sich solche Informationen leichter in die Köpfe der Menschen transportieren. Vom eigenwilligen Ermittlerteam wünsche ich mir noch mehr Geschichten. Wenn’s geht immer mit einer Prise schwäbischem Humors.
Meine Leseempfehlung:
Klare fünf Sterne. Für zartbesaitete und sensible Leser ist der Stoff vielleicht etwas zu hart. Für Liebhaber gut geschriebener Thriller optimal. Wer nur auf blutrünstige Täter mit extrem dargestellten Szenen von Morden setzt, könnte nach diesem Roman ein neues Genre für sich gefunden haben.