Noch nie ist es mir so schwer gefallen, ein Buch zu rezensieren. Oder fast nie. Ich fühle mich ein wenig wie eine gespaltene Persönlichkeit - denn wäre dies das erste Buch, das ich von der Autorin gelesen hätte, würde meine Bewertung deutlich anders ausfallen. Doch - soll man sagen "leider"? - ich
kenne schon ihre drei ersten Bücher. Und insbesondere im Vergleich zum preisgekrönten "Tannöd" kann…mehrNoch nie ist es mir so schwer gefallen, ein Buch zu rezensieren. Oder fast nie. Ich fühle mich ein wenig wie eine gespaltene Persönlichkeit - denn wäre dies das erste Buch, das ich von der Autorin gelesen hätte, würde meine Bewertung deutlich anders ausfallen. Doch - soll man sagen "leider"? - ich kenne schon ihre drei ersten Bücher. Und insbesondere im Vergleich zum preisgekrönten "Tannöd" kann ich nun dieses Buch, "Finsterau", nicht mehr so unbefangen bewerten.
Auf Einzelheiten der Handlung will ich gar nicht weiter eingehen. Denn bei der Kürze des Buches ist eine Nacherzählung fast so lang wie das Buch selber. Klingt böse, ist aber - wiederum leider - fast wahr.
Es war gut, dass es eine Leserunde zu diesem Buch gab. Das hat meine Zweifel und meinen Frust ein wenig aufgefangen. Besonders die Kommentare der begeisterten "Erstleser" haben mir vor Augen geführt, dass man vielleicht nicht zu streng mit Frau Schenkel ins Gericht gehen sollte.
Es stimmt schon, ihr Patentrezept, das sie in diesem Buch nur unwesentlich verändert, wirkt wieder einmal. Ein historischer Kriminalfall im hinterletzten bayrischen Dorf. Schwierige Familienverhältnisse. Wechselnde Erzählperspektiven, die jeweils die Sicht einer der damals beteiligten Personen beleuchten. Kurze, knappe Sätze, die gut zur Stimmung passen. Dramatische Enge und Armut, gepaart mit Vorurteilen. Viele tragische Einzelheiten, die damals zu einer vorschnellen Verurteilung führten. Und ein Zufall viele Jahre später, der zur Wiederaufnahme des Verfahrens führt.
Nicht umsonst lautet ein bekanntes Sprichwort, der Schuster solle lieber bei seinen Leisten bleiben. Vermutlich hat Frau Schenkel nun einmal diesen Stil, genau diese Fähigkeiten. Reicht es für mehr nicht? Oder wollte sie, nach der Bauchlandung mit "Bunker", sich erst einmal wieder auf vertrautes Terrain wagen? Das Buch an sich war ja nicht einmal schlecht. Aber es verursacht mir dennoch Bauchschmerzen. Mir fehlt so viel - ich hätte mir durchaus mehr, oder zumindest anderes, gewünscht. Das Buch wirkt auf mich wie ein Weihnachtsbaum aus Plastik, mit nur einer einzigen Kugel dran. Da würde ich auch sagen, hm, das Prinzip wurde ja durchaus richtig begriffen - es hätte aber deutlich mehr sein können.
Der Stil von Frau Schenkel ist eben ganz "passgenau" rein auf den damaligen Tathergang ausgerichtet. Auf dessen Rekonstruktion. Soweit es dafür nötig und dienlich ist, werden die Menschen und ihre Motive auch beschrieben. Aber davon werde ich als Krimileser nicht "satt". Was ist mit den Hintergründen? Mit der Vorgeschichte, insbesondere, was die in Ungnade gefallene Tochter Afra betrifft? Was ist mit der Nazi-Vergangenheit des Dorfes? Was wird aus dem fälschlich Verhafteten?? Kommt er frei, wird er rehabilitiert?? Alle diese Fragen würden aus dem Buch für mich nicht nur eine nette, flott gelesene "Geschichte", sondern einen echten "Kriminalroman" machen.