Abbruch nach 214 Seiten
Der Beginn des Romans weckt durchaus Interesse. Schön baut der Autor die orientalisch anmutende Wüstenkultur auf. Auch sehr schön zu lesen ist, wie er die lokalen Legenden und Märchen in die Erzählung einfließen lässt und der Welt so mehr Tiefe verleiht.
Und dann … hört
es eigentlich auch schon auf mit den guten Ideen. Nicht ganz gewöhnliches Wüstensetting und schöne…mehrAbbruch nach 214 Seiten
Der Beginn des Romans weckt durchaus Interesse. Schön baut der Autor die orientalisch anmutende Wüstenkultur auf. Auch sehr schön zu lesen ist, wie er die lokalen Legenden und Märchen in die Erzählung einfließen lässt und der Welt so mehr Tiefe verleiht.
Und dann … hört es eigentlich auch schon auf mit den guten Ideen. Nicht ganz gewöhnliches Wüstensetting und schöne Grundideen mit den Geschichten in der Geschichte hin oder her, man muss diese guten Ideen auch zu Papier bringen können. Und das kann Akram El-Bahay definitiv nicht.
Apropos Papier: Die Charaktere sind ebenso flach und interessieren mich absolut null. Es ist mir vollkommen egal, ob sie ihre große Liebe finden oder auf dem Weg dorthin gehäutet und gevierteilt werden. Außerdem weiß ich nach den knapp 200 Seiten von Anûr nichts weiter außer dass er einen Großvater hat und Geschichten erzählt. Wow. Much Charaktertiefe. Ach ja, vergessen wir die dämliche Kackbratze nicht.
Denn genau das ist er. Ich fasse es nicht, wie unglaublich dämlich er sich die ganze Zeit benimmt und selbst dann blindlings und mit wehenden Fahnen in Gefahren rennt, vor denen er ausdrücklich gewarnt wurde! Nachdem man eine aufregende und anstrengende Flucht hinter sich hatte, konnte ja keiner wissen, dass man müde wird, sobald man ein wenig zur Ruhe gekommen ist. Herrgott noch mal! Und dann ist es genau Anûrs Kamel, das mitten in einem Sandsturm panisch davonrennt – mit Anûr oben drauf. Zumindest die Kamele, die ich aus Dokus kenne, sehen in einem Sandsturm sehr entspannt aus. Die Probleme, mit denen sich Anûr auf seinem Weg konfrontiert sieht, wirken alle so dermaßen konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, dass es weh tut!
Überhaupt, was kann der Junge eigentlich? Außer absolut jede Gefahr am Wegesrand mitzunehmen, meine ich. Er ist Geschichtenerzähler, scheint aber keine Ahnung von der Welt um sich herum zu haben. Es gibt Ghoulas in der Wüste? Konnte ja keiner wissen, auch wenn er tausend Geschichten über die kennt! Ein bisschen weniger Naivität den Risiken seiner Reise gegenüber würde ihm ganz gut zu Gesicht stehen.
Diverse Tropes müssen natürlich auch ausgereizt werden, unter anderem die Jungfrau in Nöten. Da ploppen mythische Kreaturen auf und wollen einen fressen. Aber da liegt doch die schöne Jungfer in Nöten und muss unter Einsatz des Lebens gerettet und sofort schlägt das Schwanzbarometer aus. Kann mir keiner sagen, dass nicht ab dem ersten Auftauchen dieser besagten Dame der Loveinteresst klar war. Sie ist ja SO!SCHÖN!
Und dann noch das Lektorat, wozu mir nur eines einfällt: Ernsthaft?! Es war die Seite 191, die dafür sorgte, dass mir beinahe die Augen aus dem Kopf fielen. Ich bin schon vorher über einige unglückliche Satzkonstruktionen gestolpert, denen es sicher gut getan hätte, wenn man schlicht die Satzglieder lesefreundlicher umgestellt hätte. Seite 191 setzte dem jedoch die Krone auf. Auf einer einzigen Seite tauchte ganze sechs Mal das Wort »sieh« auf. Sieh da! Sieh hier! Sieh dort! Und von diesen sechs Mal wurde es geschlagene drei Mal falsch »sie« geschrieben. Aua! Fiel das nicht auf?
Mein Fazit zu diesem Buch lautet schlicht nein.Von dem Drachen habe ich auf diesen 214 Seiten nicht viel mitbekommen, aber nachdem der ganze Rest so eine Katastrophe ist, ist es auch nicht wirklich schade darum. Die Charaktere und ihre Schicksale interessieren mich kein Stück, weil sie alle flach wie ein Brett sind und mit Tropes wird auch noch fröhlich um sich geworfen. Und Anûr selbst ist überhaupt die größte Katastrophe in desem Wortunfall.