"Ist es besser gut zu sein oder stark? Diese Frage stellt sich nicht mehr in Zeiten der alles überrollenden Schwäche, der kollektiven Überforderung. Wir haben keine Wahl, wir sind, das ist die Wahrheit, weder gut noch stark.“ S.163
Wir sind im 25. Jahrhundert.
Bei Temperaturen über 50 Grad und
heftigen Sandstürmen sieht es in den österreichischen Alpen aus wie in der australischen Wüste. An…mehr"Ist es besser gut zu sein oder stark? Diese Frage stellt sich nicht mehr in Zeiten der alles überrollenden Schwäche, der kollektiven Überforderung. Wir haben keine Wahl, wir sind, das ist die Wahrheit, weder gut noch stark.“ S.163
Wir sind im 25. Jahrhundert.
Bei Temperaturen über 50 Grad und heftigen Sandstürmen sieht es in den österreichischen Alpen aus wie in der australischen Wüste. An Energie mangelt es nicht: Sonne und Wind sind im Überfluss vorhanden, werden aber in unbeschreiblichen Mengen für die Kühlung der sogenannten Humanareale und zur Wassererzeugung gebraucht. Die Wasserversorgung kann aus Grund- und Regenwasser schon lange nicht mehr gedeckt werden.
In einem solchen Humanareal lebt Leonard als Vergangenheitsforscher, für dortige Verhältnisse auf 20 m² mit Außenfenster sogar recht komfortabel. Doch sein Leben ist zum Stillstand gekommen. Leas Tod, die er als seinen „Lebensmenschen“ bezeichnet, hat ihn in ein tiefes Loch gerissen. Während die Beschreibung der verheerenden Ereignisse der letzten Jahrhunderte, die zu den katastrophalen Lebensumständen geführt haben, einen düsteren Sog entwickelt, wird der Ton weich und lebendig, sobald von Lea die Rede ist. Es scheint, als wäre die Erinnerung an sie und die Liebe das einzig fruchtbare in dieser trockenen Zeit.
„Lea wurde zum Kern meiner Lebensfreude, ihr Tod meine Kernschmelze.“ S.82
Es gibt wenig, das aus der alten Welt überlebt hat und auf das Leonard in seiner Forschung zurückschauen kann. Die „Behörde“ wird durch künstliche Intelligenz gesteuert, Bücher und Schriften gibt es kaum noch, denn das nötige Wissen wird den Menschen über digitale Uploads vermittelt. Doch der Mensch ist ein Mensch. Oder nicht? Was ist es, das in dieser Welt das Menschsein ausmacht? Welche Werte, welche Kulturgüter haben überlebt?Helwig Brunner bettet in kurzen Kapiteln die Story von Leonard und der verlorenen Liebe in einen philosophischen und auch poetischen, fast lyrischen Abgesang auf das Zeitalter der Menschheit. Ausgefeilte, wie Diamanten geschliffene Sätze prägen ebenso den Ton, wie wehmütige, melancholische und zarte Worte das Leben und den Blick zurück beschreiben.
Antworten, Hoffnung? Nein oder nur wenig. Ansporn, die Welt, die wir haben, zu schützen und das, was uns als Menschen auszeichnet zu bewahren? Ja!
Helwig Brunnner hat Musik und Biologie studiert, ist nicht nur Autor, sondern auch Herausgeber einer Lyrikbuchreihe UND Geschäftsführer eines ökologischen Planungsbüros mit Schwerpunkt Energiewende. Es war diese Mischung, die mich interessiert hat und die dieses Buch tatsächlich prägt.
Eine klare Empfehlung für alle, die Freude an Gedankenspielen und keine Angst vor „ungeschönten und kompromisslosen“ Dystopien vom Ende des „Hoffnungszeitalters“ haben.