Sie wurden als »Bastard«, »Bankert« oder »Hurenkind« beschimpft: Uneheliche Kinder. Sie und ihre Mütter waren in der deutschen Gesellschaft über einen langen Zeitraum hinweg geächtet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Unehelichkeit vornehmlich mit Armut, Kriminalität und Verwahrlosung in Verbindung gebracht. Uneheliche Kinder erschienen als eine sittliche Gefährdung der bürgerlichen Familie, ja sogar als existentielle Bedrohung der Gesellschaft. Sybille Buske untersucht die rechtliche und gesellschaftliche Stellung nichtehelicher Kinder und ihrer Eltern vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik. Die sechziger Jahre erfahren dabei besondere Beachtung, denn dieses Jahrzehnt brachte tiefgreifende Um- und Aufbrüche: Nach zähem politischem Ringen wurde die Reform des Unehelichenrechts auf den Weg gebracht. Ziel war es, den Kindern und Eltern mehr Rechte zuzuerkennen und ihre gesellschaftliche Diskriminierung zu beenden. Erstmals in der langen Geschichte der Unehelichkeit konnten ledige Mütter in eigener Sache gesellschaftlich und politisch gestaltend wirken. Der veränderte Umgang mit Unehelichkeit erschließt exemplarisch Dimensionen und Dynamik gesellschaftlicher Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Der diachrone Ansatz der Studie ermöglicht, den Wandel der sechziger Jahre im Kontext des Jahrhunderts zu gewichten und seine Ergebnisse kritisch zu reflektieren. Somit erweitert Sybille Buske den historischen Zugang zur Veränderung der politischen Kultur in (West-) deutschland, zum Wandel der Gesellschaft und ihrer normativen Grundlagen.
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