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8 Kundenbewertungen

»Banal, kitschig, trivial« - wenn wir Schriftstellerinnen weiter abwerten, verpassen wir das Beste! Sollte das Geschlecht des Schreibenden eine Rolle spielen bei der Lektüreauswahl? Natürlich nicht, würden wohl die meisten sagen. Und doch werden literarische Werke von Frauen seltener verlegt, besprochen und mit Preisen versehen. Das muss ein Ende haben. Nicole Seifert liefert das Buch zur Debatte - klug, fundiert und inspirierend. Banal, kitschig, trivial - drei Adjektive, mit denen das literarische Schaffen von Frauen seit Jahrhunderten abgewertet wird. Während Autoren tausende von Seiten mit…mehr

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Produktbeschreibung
»Banal, kitschig, trivial« - wenn wir Schriftstellerinnen weiter abwerten, verpassen wir das Beste! Sollte das Geschlecht des Schreibenden eine Rolle spielen bei der Lektüreauswahl? Natürlich nicht, würden wohl die meisten sagen. Und doch werden literarische Werke von Frauen seltener verlegt, besprochen und mit Preisen versehen. Das muss ein Ende haben. Nicole Seifert liefert das Buch zur Debatte - klug, fundiert und inspirierend. Banal, kitschig, trivial - drei Adjektive, mit denen das literarische Schaffen von Frauen seit Jahrhunderten abgewertet wird. Während Autoren tausende von Seiten mit Alltagsbeschreibungen füllen und dafür gefeiert werden, wird Schriftstellerinnen, die Ähnliches unternehmen, Befindlichkeitsprosa vorgeworfen. Nicole Seifert ist angetreten, die frauenfeindlichen Strukturen im Literaturbetrieb aufzuzeigen. Denn von vielen von Frauen verfassten Büchern hören wir erst gar nicht, weil Zeitungs-, Radio- und Fernsehredaktionen und noch davor Buchverlage eine entsprechende Vorauswahl treffen. Vom Deutschunterricht bis zum Germanistikstudium ist der Autorinnenanteil noch immer verschwindend gering, und so lernen wir von Anfang an: Was literarisch wertvoll ist, stammt von Männern. Nachdem Nicole Seifert drei Jahre lang ausschließlich Literatur von Frauen - Klassiker wie Zeitgenössisches, Bekanntes wie Unbekannteres - gelesen hat, ist klar: Die vielbeschworene »Qualität« ist nicht das Problem. Im Gegenteil: Wir verpassen das Beste, wenn wir in unseren Bücherregalen nicht endlich eine Frauenquote einführen.

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Autorenporträt
Nicole Seifert ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und gelernte Verlagsbuchhändlerin und arbeitet als Übersetzerin und Autorin. Ihr Buch »FrauenLiteratur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt« erschien 2021 und löste eine Debatte über weibliches Schreiben aus. Nicole Seifert ist Mitherausgeberin der Reihe »rororo Entdeckungen«, in der Romane unbekannter Autorinnen des 20. Jahrhunderts (wieder)veröffentlicht werden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.01.2022

Und welche Frauen?
Dichterinnen aller Zeiten werden gerade wiederentdeckt, aber zur Gerechtigkeit ist es noch weit. Kleine Auswahl neuer Bücher über eine weiblichere Literatur
Zu ersten Merkwürdigkeiten kommt es, wenn das Thema benannt werden soll. Auf dem Titelblatt von Nicole Seiferts Buch „Frauen Literatur“ steht zum Beispiel das erste Wort durchgestrichen. Weil die Begrifflichkeit in dem Maß zum Ärgernis wird, in dem „Männerliteratur“ keine sinnvolle Kategorie wäre. So ist die Lage: Es gibt die Literatur, in der Frauen nur ausnahmsweise eine Rolle als Autorinnen spielten und eine alternative Literaturgeschichte, in der es über Jahrhunderte Literatur von Frauen vor allem für Frauen gab. Hauptsächlich aber gibt es einen sozialen Fortschritt, weniger im literarischen Leben als durch Bewegungen wie „Me Too“ beschleunigt, der diese Art von kultureller Dominanz und Unterwerfung nicht mehr als normal hinnimmt.
Nur kommt man den Bedeutungsnetzwerken der Männerliteratur eben nicht allein durch Willenserklärungen bei. Man muss Platz schaffen im Kanon und überlegen: Welche Bücher sind bisher gering geschätzt worden? Wer hat literarisch geschrieben und wem fehlten die Mittel, um Zeit, Nerven und seinen bürgerlichen Ruf durch künstlerische Ambitionen aufs Spiel zu setzen? Solche Fragen stellen den alten Literaturkanon zur Debatte, und dabei werden Autorinnen früherer Zeiten wichtig, die vorher unbekannt waren, wodurch sich dann auch die Interessen der zeitgenössischen Literatur ändern. Das geschieht seit einer Weile mit der Literatur der Schwarzen in den USA und der Autorinnen und Autoren ehemals kolonisierter Länder der Welt. Und eben mit den Büchern von Frauen, weshalb es behelfsweise sinnvoll sein kann, sie entgegen der eigentlichen politischen Absichten so zu kategorisieren und, wie es dann oft heißt, „sichtbar zu machen“.
Einen Überblick über die Debattenlage gibt die Literaturwissenschaftlerin und Betreiberin des Blogs „Nacht und Tag“, Nicole Seifert, in „Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“. Wobei gegen dieses Buch einiges einzuwenden wäre. Nicht nur die treuherzige Verwendung der ersten Person Plural, wenn Seifert etwa „unsere völlig schiefen Vorstellungen von Geschlechternormen“ bloßstellt, „an die wir aber derart gewöhnt sind, dass wir sie für richtig und wichtig, für normal und unveränderbar halten“. Wer ist dieses „Wir“? Autorin, Leser und Leserinnen ausgerechnet dieses Buches?
So grundlegend seminaristisch geht Seifert in die Geschichte der Arbeitsbedingungen von Schriftstellerinnen und ihrer Motive zurück, dass sich Leser berühmter Bücher zum Thema, etwa von Silvia Bovenschen, Gisela von Wysocki oder Elisabeth Bronfen wundern mögen, warum sie nachsitzen müssen. War die Auseinandersetzung in der feministischen Literaturkritik nicht schon mal so weit? Oder weiter?
Offenbar geschieht die Arbeit am Kanon aber in Schüben, zu manchen Erkenntnissen muss jede Generation noch einmal neu kommen – über die Backlashs hinweg, die der Gleichberechtigung auch immer wieder schaden. Und viele Zahlen und Beispiele, die Nicole Seifert nennt, dafür, wie Bücher von Frauen und Männern mit verschiedenem Maß gemessen werden, wie sich Autorinnen ad personam herablassend behandeln lassen müssen, während Männern alles Mögliche als ästhetische Taktik abgenommen wird, sind aus den vergangenen Jahren, also aktuell. Auch ihre Warnung tut sicher not, dass die in letzter Zeit wirkungsvolle Absicht, in Lektoraten, Redaktionen und Jurys Geschlechterparität herzustellen – und dadurch vielleicht auch in Verlagsprogrammen, bei Rezensionen und unter Literaturpreisträgern –, schnell wieder abschlaffen kann.
Das grellste Beispiel dafür, dass die Aufmerksamkeitskonjunktur für Frauen in der Kunst nichts gegen Misogynie ausrichtet, erzählt die österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz in ihrer Poetikvorlesung „Geschlecht. Zahl. Fall.“ (S. Fischer 2021, 139 Seiten, 22 Euro): „In der Auseinandersetzung um meinen Text des Theaterschauspiels Mar-a-Lago. Oder. Neuschwanstein. sagte mir der Intendant des Berliner Ensembles, dass er sich für so einen feministischen Ausreißer auch gleich eine jüngere Feministin suchen könnte, wenn ich mit den Streichungen, die er verlangte, nicht einverstanden sei. Dieses Telefonat liegt nur 3 Jahre zurück.“
So schnell wird das jahrtausendealte Patriarchat also nicht zurückzuschlagen sein. Wenn es aber zuletzt einen Fortschritt gegeben hat, dann, dass über Sexismus und Gleichbehandlung viel und selbstverständlich gesprochen wird. Vor zehn Jahren konnte man noch erleben, dass in Diskussionen über den Literkanon auf die Frage „Und welche Frauen?“ Schweigen eintrat. Man hatte schlimm gestört. Und wurde höflich übergangen mit der Frage, ob Rainald Goetz oder doch vielmehr Daniel Kehlmann … Heute spürt man fast ausschließlich Beflissenheit, wenn es darum geht, Leselisten mit Büchern von Frauen auszustatten.
Insofern nur gut, dass gerade die immer ausdrücklich auf Leserwünsche bedachte Elke Heidenreich jetzt einen autobiografischen Essay unter dem Titel „Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben“ herausgebracht hat. Mit den ihr eigenen schwärmerischen Ausrufezeichen erzählt sie von sich als Leserin der Backfischliteratur der Fünfzigerjahre, von Selma Lagerlöf, Françoise Sagan, Susan Sontag, von Joan Didion und Annie Ernaux.
Wobei das Buch da spannend wird, wo sie den Rahmen sprengt, weil es ohne Hans Christian Andersen und Gottfried Benn doch nicht geht, so ein Leseleben. Wie zum Ausgleich nennt das letzte Kapitel unter der Überschrift „Männer“ dann Bücher von Frauen, die Heidenreich kraftvoll für von Männerbüchern unerreichbar hält. Während Nicole Seifert versichert, keineswegs seien Bücher von Frauen substanziell besser, nur die Bedingungen, unter denen sie schreiben, eben schlechter.
Die Minimalforderung zu diesen Bedingungen ist die viel zitierte von Virginia Woolf: „fünfhundert (Pfund) im Jahr und ein eigenes Zimmer“ brauche eine Frau, um zu schreiben, heißt es in ihrem Essay „A Room of One’s Own“. Gerade ist im Arche Verlag zudem eine zweisprachige Geschenkausgabe ihrer Rede „Professions for Women“ erschienen (40 Seiten, 10 Euro), in der sie sagt: „Aber diese Freiheit ist erst der Anfang; das Zimmer gehört Ihnen, aber es ist noch leer.“ Die Frage zum Kanon ist: „Mit wem werden Sie es teilen und unter welchen Bedingungen?“
Material für eine Binnendiskussion darüber, wer rein soll in den Kanon, wäre da. Die Kritikerinnen Verena Auffermann, Julia Encke, Ursula März, Elke Schmitter und die im November verstorbene Gunhild Kübler haben gerade ihren Sammelband mit Autorinnenporträts von 2009 wieder aufgelegt, ein wertvolles Nachschlagewerk: Damals waren es 99 Artikel, jetzt sind es immer noch nur 100, aber sie haben umgeräumt. Dass Maya Angelou, Virginie Despentes, Sibylle Berg und andere dazugekommen sind – sehr richtig! Aber wenn man sieht, dass Fanny zu Reventlow, Anaïs Nin, Emine Sevgi Özdamar und einige mehr jetzt fehlen, schaudert es einen. Schon wieder aussortieren?
Der Kanon habe sich sowieso überlebt, sagt Marlene Streeruwitz in ihrer Vorlesung „Geschlecht. Zahl. Fall.“. Außer Kraft gesetzt vom cultural turn, den man ja auch für die normative Fragmentierung der westlichen Gesellschaften verantwortlich macht: „Die nun den cultural turns verpflichteten künstlerischen Leitungen wurden über die Budgeteinsparungen in die Verwirtschaftlichung gezwungen. Das Ergebnis war nur Oberfläche.“ War das derselbe cultural turn, der die Gendertheorie und die feministische Wissenschaft mit genau den Werkzeugen ausgestattet hat, die heute helfen, an alten Machtstrukturen zu schrauben und den Kanon zu entlüften? Leider ist eben auch die gute alte Dialektik der Aufklärung keine Männerdomäne.
MARIE SCHMIDT
Nicole Seifert: Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt. Kiepenheuer & Witsch,
Köln 2021.
217 Seiten, 18 Euro.
Elke Heidenreich: Hier geht's lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben. Eisele, München 2021.
192 Seiten, 26 Euro.
Verena Auffermann,
Julia Encke,
Gunhild Kübler,
Ursula März,
Elke Schmitter: 100 Autorinnen in Porträts. Von Atwood bis Sappho, von Adichie bis Zeh. Piper, München 2021.
585 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Marie Schmidt liest aktuelle Bände zum weiblichen Literaturschaffen, zu Kanon, Wertschätzung und Arbeitsbedingungen. Nicole Seiferts Buch "Frauen Literatur" verdankt sie einen guten Überblick über die aktuellen Debatten, aber tendenziell fühlt sie sich ein bisschen unterfordert, schließlich seien heutige Literaturwissenschaftlerinnen nicht die ersten, die sich mit diesem Thema beschäftigen: Was ist mit den Koryphäen der feministischen Literaturkritik, mit Silvia Bovenschen, Gisela von Wysocki und Elisabeth Bronfen? Und auch das vereinnahmende "wir" geht ihr ein bisschen auf die Nerven.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Klug und inspirierend hinterfragt Seifert die Mechanismen des Literaturbetriebs und erklärt, warum eine gendergerechte Aktualisierung des literarischen Kanons längst überfällig ist.« Thekla Noschka Perspective Daily 20220326