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Anni trifft Fred. Fred ist trans. Ein Problem? Überhaupt nicht
Die 13-jährige Anni ist wie vom Blitz getroffen. Völlig verwirrt von ihren Empfindungen starrt sie den fremden Jungen an, der frühmorgens in dem Café sitzt, in dem sie sich vor der Schule mit Kaffee versorgt. Sie fühlt seine Blicke, sie lassen sie nicht mehr los. Und das spüren auch die Leser, denn Lena Hach kommt in ihrer als Tagebuch erzählten Geschichte „Fred und ich, mit einer konzentrierten Sprache den Gefühlen des Mädchens sehr nahe, verdichtet sie zu einer besonderen Intensität.
Der Junge, er heißt Fred, folgt ihr an diesem frühen Morgen, als sie losfährt zum See. Sie erzählt ihm, dass sie jeden Tag heimlich zum Eisbaden geht, um sich für das Leben abzuhärten. Sie leidet immer noch unter dem Schock, den ihr der plötzliche Tod ihres Onkels, der bei der Mutter und ihr lebte, versetzte. Sieben Tage hintereinander treffen sich Anni und Fred in aller Früh am See, und Anni spürt eine für sie ganz ungewöhnliche Vertrautheit mit Fred – die auch nicht verschwindet, als sie beim Baden entdeckt, dass „er“ trans ist, ein Junge mit dem Körper eines Mädchens.
Für junge Erwachsene sind in den letzten Jahren viele Coming-of-age-Geschichten, besonders aus den USA und England erschienen, in denen es um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper geht, mit dem Queer-Sein. Darum, eine Identität zu finden, die zu einem passt – mutig zu werden auch in schwierigen Lebenssituationen.
Lena Hach setzt in „Fred und ich“ die gesellschaftliche Debatte über Diversität und LBGTIQA* auf eine besondere Weise fort. Bei Anni und Fred ist die Geschlechtsidentität nicht wichtig. Das vorsichtige Herantasten, das Erkennen des anderen, und vielleicht das erste Mal starke Gefühle zu wagen, stehen im Mittelpunkt der Erzählung.
Er berichtet ihr davon, wie seine Eltern und die Schule auf sein Coming-out reagierten. Und Anni ist bestürzt, als sie Freds Tante treffen, bei der der Junge in der Bäckerei hilft: „Für mich ist das alles so schwer nachzuvollziehen“, sagt sie. „Das musst du nicht“, sagt Fred. „Mir reicht es, wenn du es akzeptierst.“ Und als sie sagt, dass es vielleicht nur eine Phase sei, widerspricht er ihr heftig.
Ganz behutsam versucht Anni Freds Situation zu verstehen, sich in ihn einzufühlen. In kleinen Szenen, in Dialogen entwickeln die beiden ihre eigene Welt. Dann rutscht Anni in den See, Fred rettet sie und gibt ihr das Vertrauen in ihren Mut zurück. Einmal verpasst sie ihm eine besondere Haarfarbe, mit der er es wagt, aufzufallen. Fred akzeptiert Annis Angst vor dem Leben und vermittelt ihr gerade damit neue Zuversicht. „Auf dem Heimweg fange ich an zu zittern. Nicht vor Kälte, sondern vor Aufregung und Glück. Es ist, als könnte ich Freds Hand immer noch spüren. Warm und zart. Zumindest kann ich an nichts anderes mehr denken“. So könnte eine Liebesbeziehung beginnen.
Anderssein muss kein Problem sein, das ist die These dieses Romans. Annis Freunde gehen ganz ungezwungen mit Fred um. So endet ihre Geschichte in einem besonderen Spieleabend, in dem es „laut und wild und sehr lustig zugeht“. Auch Fred ist dabei, outen muss er sich nicht.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Schwer zu verstehen?
„Mir reicht es, wenn du
es akzeptierst“
Lena Hach:
Fred und ich.
Beltz & Gelberg,
Weinheim 2023.
93 Seiten,
12 Euro.
Ab 12 Jahren.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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