Liberalismus mit sozialer Komponente
Lisa Herzog versucht „Liberalismus wieder so zu verstehen, dass er sich an der Idee eines freien [selbstbestimmten] Lebens orientiert und diese als Grundlage der Politik sieht.“ (8) Insofern geht es um die Fragen, wie ein zeitgemäßer Liberalismus definiert
wird und was das für die wirtschaftliche Ordnung einer Gesellschaft bedeuten kann. Basis für die…mehrLiberalismus mit sozialer Komponente
Lisa Herzog versucht „Liberalismus wieder so zu verstehen, dass er sich an der Idee eines freien [selbstbestimmten] Lebens orientiert und diese als Grundlage der Politik sieht.“ (8) Insofern geht es um die Fragen, wie ein zeitgemäßer Liberalismus definiert wird und was das für die wirtschaftliche Ordnung einer Gesellschaft bedeuten kann. Basis für die Überlegungen ist ein realistisches Menschenbild und nicht der „Homo oeconomicus“. Autorin Herzog, selbst studierte Ökonomin, schreibt aus der Perspektive einer Philosophin.
„Wesentlich ist jedoch, dass die Freiheit aller Individuen als grundsätzlich gleichberechtigt in Betracht gezogen wird.“ (15) Dabei ist Freiheit nicht gleichzusetzen mit freiem Markt. Spätestens die Bankenkrise 2008 hat deutlich gemacht, dass der Staat eingreifen muss, um den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. Märkte müssen so gestaltet werden, dass sie die Freiheit aller Mitglieder der Gesellschaft unterstützen.
Der Mensch entspricht nicht dem Bild des klassischen Liberalismus. Die Autorin gibt einen Überblick über die Thesen großer Denker wie John Locke, Thomas Hobbes, Adam Smith, Karl Marx und Albert Hirschman, um nur Beispiele zu nennen, und stellt diese gegenüber. Freiheit erfordert, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die diese beschränken. Der Mensch muss die Fähigkeit zu einem selbstbestimmten Leben erst entwickeln.
Liberalismus erfordert auf der einen Seite Handlungsfreiräume für die Entwicklung eigener Vorstellungen und auf der anderen Seite Ressourcen für die Realisierung eines selbstbestimmten Lebens. Eine Begrenzung des Liberalismus erfolgt durch die Frage nach Gerechtigkeit. Ressourcen sind nicht gleich verteilt und manchmal spielt der Faktor Glück eine große Rolle. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.
Der Weg durch die Geschichte lehrt, dass die heutigen Strukturen wesentlich komplexer sind, als vor Jahrhunderten. Auch ist heute deutlicher als je zuvor klar geworden, dass die Ressourcen der Erde begrenzt sind. Zudem ist der Mensch ein soziales Wesen und sucht den Sinn in seiner Tätigkeit. Insofern geht es in der heutigen Gesellschaft nicht nur um das reine Geldverdienen. Die Arbeitsbedingungen müssen stimmen.
Die Autorin stellt Gewinnmaximierung um jeden Preis infrage. Dem Liberalismus sind Grenzen gesetzt und zwar im Interesse der gesamten Gesellschaft. Statt eines Wettbewerbs nach den billigsten Produkten sollte ein Wettbewerb nach den fairsten Lebens- und Arbeitsbedingungen stattfinden. Liberalismus, Wirtschaft und Freiheit aus der Perspektive einer Philosophin betrachtet, führt zu einer anderen Gewichtung. Die soziale Komponente rückt in den Fokus. Ob es sich um ein rein theoretisches Plädoyer handelt, was leider zu befürchten ist, wird die Zukunft zeigen.