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Wenige Jahre nach seinem Erscheinen gilt Jan-Werner Müllers Was ist Populismus? als Klassiker der Gegenwartsdiagnose. Die New York Times sprach von einem »brillanten Buch«, der französische L’Obs von einem »Standardwerk«, die NZZ attestierte dem Essay »brennende Aktualität«. Populisten reklamieren für sich, sie seien die einzige Stimme des wahren Volkes; gleichzeitig gelten sie vielen als Bedrohung der Demokratie. Angesichts dieser unübersichtlichen und oft von Alarmismus geprägten Debattenlage tritt Jan-Werner Müller einen Schritt zurück und fragt nach den leitenden Prinzipien dieser…mehr

Produktbeschreibung
Wenige Jahre nach seinem Erscheinen gilt Jan-Werner Müllers Was ist Populismus? als Klassiker der Gegenwartsdiagnose. Die New York Times sprach von einem »brillanten Buch«, der französische L’Obs von einem »Standardwerk«, die NZZ attestierte dem Essay »brennende Aktualität«.
Populisten reklamieren für sich, sie seien die einzige Stimme des wahren Volkes; gleichzeitig gelten sie vielen als Bedrohung der Demokratie. Angesichts dieser unübersichtlichen und oft von Alarmismus geprägten Debattenlage tritt Jan-Werner Müller einen Schritt zurück und fragt nach den leitenden Prinzipien dieser Regierungsform: Was bedeutet Freiheit, wenn wir das Regieren an andere delegieren? Wie viel ökonomische Ungleichheit ist noch mit der Grundanforderung politischer Gleichheit kompatibel? Wie kommen wir mit Verfahren zurecht, deren Ergebnisse notwendigerweise ungewiss sind?
Demokratie ist, so Müller, nicht zuletzt auf funktionierende vermittelnde Institutionen angewiesen: auf unabhängige Medien, die Öffentlichkeit schaffen, auf Parteien, die politische Konflikte auf demokratische Weise strukturieren – und vor allem auf mobilisierte Bürgerinnen und Bürger, die bereit sind, unbequem, ja sogar ungehorsam zu sein, um demokratische Prinzipien zu verteidigen.

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Autorenporträt
Jan-Werner Müller, geboren 1970, lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Princeton University. Im Suhrkamp Verlag erschienen bislang Verfassungspatriotismus, Das demokratische Zeitalter. Eine politische Ideengeschichte Europas im 20. Jahrhundert und Was ist Populismus? Ein Essay (2016). Was ist Populismus? wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und gilt als zentraler Text zum Verständnis zeitgenössischer politischer Entwicklungen. Jan-Werner Müller äußert sich regelmäßig zum Zeitgeschehen; er schreibt u. a. für Foreign Affairs, die Neue Zürcher Zeitung, die New York Times und die Süddeutsche Zeitung.

Michael Bischoff, geboren 1949, studierte Mathematik und Soziologie und war Wissenschaftslektor im Suhrkamp Verlag. Seit 1977 übersetzt er Literatur aus dem Französischen und Englischen, u.a. von Émile Durkheim, Michel Foucault, Isaiah Berlin und Richard Sennett.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Günther Nonnenmacher lobt die Fähigkeit des Politikwissenschaftlers Jan-Werner Müller, komplexe wissenschaftliche Inhalte auch für Nicht-Politologen verständlich zu machen. Wenn der Autor antritt, Demokratie und ihre Funktionsweise zu erläutern, kommt laut Nonnenmacher auch ein Widersacher der Demokratie in den Blick: der Populismus. Wie Orban, Trump und Erdogan sich demokratische Institutionen gefügig machen, erfährt der Rezensent von Müller ebenso wie er die Infrastruktur der Demokratie im Buch kennenlernt. Ganz vorn mit dabei: Parteien und ihre Organe.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2021

Auf Parteien ist nicht zu verzichten
Vom Populismus muss auch hier die Rede sein: Jan-Werner Müller prüft die Grundprinzipien der Demokratie

Der in Princeton lehrende Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller hat mit Büchern und Artikeln wesentliche Beiträge zum Thema "Populismus und Demokratie" geleistet. Neben seinem Scharfsinn hat zum Erfolg sicherlich beigetragen, dass er ein Talent besitzt, das unter den akademischen Politologen in Deutschland nicht sehr verbreitet ist: Seine Arbeiten erfüllen nicht nur wissenschaftliche Standards, sondern sind in einer Sprache verfasst, die auch für Nicht-Politologen verständlich ist.

Das hat mit den Anforderungen amerikanischer Universitäten an Lehre und Forschung zu tun, zu denen die Vermittlung an eine breitere Öffentlichkeit gehört. Aber es liegt auch an einem methodischen Ansatz, für den Wilhelm Hennis einst mit dem Begriff "Topik" geworben hat: das Ausbreiten und Durcharbeiten von Argumenten im Sinne von "Politik als praktischer Wissenschaft" in der Tradition der praktischen Philosophie.

Im vorliegenden Band greift Müller auf Artikel und Essays zurück. Es geht ihm darum, die "Grundprinzipien" der Demokratie zu erklären. Anders gesagt: Es gilt, zu verstehen, was die demokratischen Institutionen und Verfahren eigentlich fundiert. Dabei kommt natürlich auch wieder der Gegensatz zum Populismus zur Sprache. Müller verwirft Diagnosen, die ihn mit dem Faschismus des zwanzigsten Jahrhunderts gleichsetzen. Sein Kern, der sich hinter dem Anschein von Rechtsstaatlichkeit und der Absage an Gewalt versteckt, ist es, sich als "Stimme des wahren Volkes", der "schweigenden Mehrheit" zu gerieren. Populisten behaupten, sie wollten dieses Volk einen, doch ihr "Geschäftsmodell" ist es in Wirklichkeit, die Gesellschaft zu spalten.

Das fällt heute auf fruchtbaren Boden, weil es tatsächlich eine sozioökonomische Spaltung gibt, da ein Teil der (wirtschaftlichen) Eliten eine Art "Sezession" vom Rest der Bürger praktiziert. Müller zeigt zudem an Erdogan und Orban, Trump und Bolsonaro, wie Populisten, wenn sie auf demokratischem Weg an die Macht gelangen, Institutionen und Verfahren aushöhlen, um ihre Macht zu erweitern. Strittiger dürfte seine These sein, dass "nirgendwo in Westeuropa und Nordamerika Rechtspopulisten ohne die Kollaboration etablierter konservativer Eliten an die Macht gekommen sind".

Als "Grundprinzipien" der Demokratie nennt Müller Wahlen, Parteien und Repräsentation. Er verteidigt diese Pfeiler gegen Versuche, sie durch neue Elemente (wie Bürgerräte) oder sogar aus der Antike überlieferte Verfahren (direkte Demokratie oder Losentscheide) zu ersetzen. Der Vorteil von Wahlen etwa sei, dass sie eindeutige Sieger und Verlierer hervorbringen, sie setzten damit politischen Konflikten ein (vorläufiges) Ende. Direktdemokratische Entscheidungen seien unterkomplex, und die Minderheit sieht sich danach nicht repräsentiert. Auslosungen wiederum sagten nichts über die relative Stärke politischer Gruppierungen und könnten nur wenig zur Bewältigung von Konflikten beitragen.

Demokratie benötigt deshalb Parteien, vor allem auch eine Gruppierung, die aus prinzipiellen Gründen gegen die Regierung ist, aber nicht gegen das politische System. Skeptisch erörtert Müller das Konzept der "wehrhaften Demokratie" (militant democracy) mit seinen inneren Widersprüchen. Summa summarum: Zur "Infrastruktur" der Demokratie gehören Parteien und repräsentative Organe - also Parlamente, Medienpluralismus -, und sie braucht einen funktionierenden Rechtsstaat.

Im letzten Kapitel, in dem es vor allem um Vorschläge zur Finanzierung von Parteien und um die Aktivierung von Wählern durch teils finanzielle Anreize geht, relativiert er einige Einwände aus den vorangegangenen Abschnitten (etwa über die Rolle von Losverfahren) im Sinne eines vorsichtigen Reformismus. Doch Parteien, glaubt er, "sind immer noch die beste Möglichkeit, individuelle demokratische Rechte zu verwirklichen und mit dem Konflikt der Meinungen und Interessen ... produktiv umzugehen". Das gibt, wie es am Schluss heißt, Anlass zu Hoffnung, mehr nicht: "Alles Übrige liegt an uns."

GÜNTHER NONNENMACHER

Jan-Werner Müller:

"Freiheit, Gleichheit,

Ungewissheit". Wie schafft man Demokratie?

Aus dem Englischen von Michael Bischoff. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021. 270 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Neben seinem Scharfsinn hat zum Erfolg sicherlich beigetragen, dass er ein Talent besitzt, das unter den akademischen Politologen in Deutschland nicht sehr verbreitet ist: Seine Arbeiten erfüllen nicht nur wissenschaftliche Standards, sondern sind in einer Sprache verfasst, die auch für Nicht-Politologen verständlich ist.« Günther Nonnenmacher Frankfurter Allgemeine Zeitung 20210615