Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2020 im Fachbereich Geschichte - Sonstiges, , Sprache: Deutsch, Abstract: Das Lebensmotto von Karl Marx lautete bekanntlich: „An allem ist zu zweifeln!“ In der Geschichte des menschlichen Denkens hat der Zweifel an angeblich auf der flachen Hand liegenden Tatsachen wie die, dass die Erde eine Scheibe sei und die, dass diese Erdscheibe nach Augenvermerk größer sein muss als die Sonnenscheibe, eine erhebliche Rolle gespielt. Zu einer Art Schlüsselkategorie wurde der Zweifel im Denken des Philosophen Descartes, das aus ihm zwei über ihm erhabene klare Gewissheiten zum Resultat hatte: cogito ergo sum. Ich denke, also bin ich! In dieser ‚Formel‘ spiegelte sich das Emanzipationsbestreben der aufsteigenden Bourgeoisie in dem Vorhaben der Verdrängung des religiösen Glaubens durch die weltliche Ratio ideologisch wider. Obwohl Descartes in seiner Dissertation noch zwei Gottesbeweise untergebracht hatte, durchschauten die Philosophieprofessoren an der Sorbonne den Paradigmenwechsel und lehnten sie ab. Eine der fundamentalsten Schriften der Weltphilosophie war von der wichtigsten philosophischen Fakultät der damaligen Zeit abgewiesen worden. In dieser Philosophie kommen zwei Hauptsäulen des bürgerlichen Klassenbewusstseins zum Tragen: Egoismus in der Praxis des Werktaglebens und Idealismus im Himmel der Sonntagstheorie. Sie spiegelte bis zum Ausbruch der technisch-industriellen Revolution, die uns laut Friedrich Engels in die Lage versetzt, die Produktion ins Unendliche zu vermehren, die Wirklichkeit richtig wider, man denke an den bornierten Schollenegoismus der französischen Parzellenbauern als sozial fassbares Resultat der französischen Revolution und an die Philosophie Hegels, der in seiner Jugend ein Befürworter der Revolution war, als feudal-aristokratische Reaktion gegen diese.