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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Steigender Härtegrad: Ken Bruens Roman "Füchsin"
Die Härte von Wasser lässt sich mit chemischen Verfahren zweifelsfrei ermitteln. So weit ist die Literaturwissenschaft noch nicht, wenn es um den Härtegrad von Kriminalromanen geht. Aber auf einer künftigen Skala, das kann man schon jetzt behaupten, werden die Romane des fünfundsechzigjährigen Iren Ken Bruen ziemlich hohe Werte erreichen. Härte ist dabei nicht allein eine Frage der Inhalte, der ausgesuchten Grausamkeiten, Zynismen und Rücksichtlosigkeiten. Härte entsteht immer nur in Fusion mit Klarheit, Wucht und Rhythmus einer Prosa.
Bruen schreibt diese knappen, drastischen Sätze und schlanken Dialoge, er legt es auch nicht ständig auf besonders coole Sprüche an; stattdessen lässt er auch mal einen kleinen Gangster wehmütig werden: "Er hatte den Steg geliebt, der ihn an die Kindheit erinnerte, die er nie gehabt hatte." Bei Bruen kommt die Überzeugung hinzu, dass das Böse und die Gewalt sich nicht allein aus den gesellschaftlichen Verhältnissen erklären lassen - eine Erkenntnis, für die er als promovierter Philosoph zahlreiche Kronzeugen aufrufen könnte, wenn er nicht zu viel zu tun hätte.
Neun Bücher um den gefallenen Polizisten Jack Taylor liegen bereits bei Rowohlt vor. Der Polar Verlag hat sich jetzt darangemacht, auch die Romane um den Londoner Detective Sergeant Tom Brant, die zwischen 1998 und 2007 erschienen sind, ins Deutsche zu übertragen. "Füchsin" ist der zweite Band, in dem der große Unsympath Brant auftritt: "Verbrecher und Cops waren in Furcht vor ihm vereint. Er genoss und pflegte seinen Ruf als ,Tier'."
Er ist korrupt und unberechenbar. Seinen direkten Chef Roberts hat er in der Hand, der große Boss wird ihn nicht los. In "Füchsin" hat Brant zumindest eine Gegenspielerin: "Angie James war ernsthaft gestört." Sie ist zugleich gerissen, manipulativ und gutaussehend; wo andere Skrupel oder humane Hemmungen spüren, regt sich bei ihr kein innerer Widerstand. Sie hat gesessen und sich mit zwei Brüdern zusammengetan, beide nicht allzu helle Lichter, aber gut genug, um nach Angies Plan ein paar simple Bomben zu legen und die Polizei zu erpressen. Die Polizisten, die die Bombenanschläge aufklären sollen, sind auch nicht gerade scharfsinnige Ermittler. Eine trinkt und ist mehrfach durchs Sergeant-Examen gefallen, die Anfängerin ist übereifrig, der labile Porter schnell überfordert, doch Brants Instinkte funktionieren besser als regelkonforme Polizeiarbeit.
Wie kleine Inspirationsblitze hat Bruen einzelnen Kapiteln kurze Zitate berühmter Kollegen vorangestellt, von Nelson Algren und Jerome Charyn bis zu Elmore Leonard; ab und zu dreht er auch eine kleine selbstbezügliche Pirouette, wenn Brant etwa professionell eine Wohnung stürmt, der Chef ihn fragt, wo er das denn gelernt habe, und Brant nur antwortet: "Bei NYPD Blue gesehen." Auch Bruen hat bei anderen genau hingesehen, um seinen eigenen Ton zu finden, und er bedankt sich dafür.
PETER KÖRTE
Ken Bruen: "Füchsin".
Kriminalroman.
Aus dem Englischen von
Karen Witthuhn.
Polar Verlag, Hamburg 2016. 184 S., br., 12,90 [Euro]
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