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Steinherrs Gedichte strahlen in einer knisternden Transzendental- erotik, die sich im Zusammenklang von Metaphysik und Profaneität, von Göttlichkeit und geblendeter Abgöttlichkeit innerhalb des Gedichtes auflädt und am Ende häufig in einer Pointe entlädt." Walter Fabian Schmid, poetenladen

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Produktbeschreibung
Steinherrs Gedichte strahlen in einer knisternden Transzendental- erotik, die sich im Zusammenklang von Metaphysik und Profaneität, von Göttlichkeit und geblendeter Abgöttlichkeit innerhalb des Gedichtes auflädt und am Ende häufig in einer Pointe entlädt." Walter Fabian Schmid, poetenladen

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Autorenporträt
LUDWIG STEINHERR, geboren 1962, lebt als Schriftsteller in Mu¿nchen. Er hat bislang vorwiegend Lyrik (23 Bände) veröffentlicht, in ju¿ngster Zeit aber auch Prosa und Theaterstu¿cke. Seine Werke wurden vielfach u¿bersetzt und ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm bei Allitera der Gedichtband »Zur Geburt einer Ming-Vase« (2021) sowie die Novellen »Verona kopfu¿ber« (2022), »Der Carolin-Papyrus« (2022) und »Adriana« (2023).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Dichter in seiner kompromisslosen Nischenexistenz tritt dem Rezensenten hier entgegen. Für Wulf Segebrecht allerdings kein Grund, Mitleid zu haben, denn Ludwig Steinherr kommt laut Rezensent in dieser Gedichtauswahl als einer daher, der souverän sein Handwerk beherrscht. Steinherrs in diesem Band enthaltene jüngere Lyrik ist variabler und abwechslungsreicher als seine älteren Gedichte, findet der Rezensent, sie enthalten "mehr Redensartliches, sogar Ironie und Humor". Seine Vorliebe für religiöse Themen und Motive macht Steinherr entschieden zu einem Außenseiter der zeitgenössischen Lyrik, meint Segebrecht, der sich jedoch gerne darauf einlässt. Ungekannte Sichtweisen, Pointen erstaunen den Rezensenten und lassen ihn nachdenklich aus der Lektüre hervorgehen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.06.2013

Erwachen der Dinge nicht nötig
Gott hört zwar alles das, doch sind seine Ohren für Gebete einfach zu klein: Die religiöse Dichtung von Ludwig Steinherr

Schriftsteller wie Ludwig Steinherr, die nichts anderes veröffentlichen als Gedichte, keine Romane und keine Theaterstücke, haben es nicht leicht. Dass sie davon nicht leben können, steht fest; das gehört gewissermaßen zu den freiwillig gewählten Bedingungen ihrer Existenz. Es fehlt ihnen aber auch oft, unabhängig von der Qualität ihrer Gedichte, an der gebührenden Aufmerksamkeit und öffentlichen Resonanz auf ihre Hervorbringungen. Es fehlt ihnen an Lesern. Feine Literaturpreise und gelegentlich hymnische Rezensionen ändern daran kaum etwas. Die Lyrik führt ein - von der Kulturindustrie durchaus gehätscheltes - Nischendasein.

Das ist andererseits ihre Chance. Gerade weil der Nur-Lyriker (von wenigen Ausnahmen abgesehen) weder auf nennenswerte Verkaufszahlen seiner Bücher noch auf einträgliche Honorare, weder auf Anerkennung noch auf Beachtung rechnen kann und Rücksicht nehmen muss, besitzt er eine fast unbegrenzte Freiheit. Vierzehn Gedichtbände hat Steinherr seit 1985 publiziert. Sie fanden freundliche Aufnahme in der Literaturkritik und brachten ihm mehrere Preise ein; einige seiner Gedichte stehen in den einschlägigen Anthologien und Zeitschriften, und kürzlich erschien sogar ein Band mit Übersetzungen ins Englische. Mehr ist für einen Autor, der nur Gedichte schreibt, kaum erreichbar, wenn er nicht bereit ist, Zugeständnisse an vermeintliche oder tatsächliche Bedürfnisse, an Trends oder Moden, an Vereinnahmungsinteressen jeglicher Art zu machen - dazu ist Steinherr offensichtlich nicht bereit.

Davon kann man sich ein Bild machen, wenn man die unter dem Titel "Das Mädchen. Der Maler. Ich" kürzlich erschienene Auswahl aus früheren Gedichtbänden zu Rate zieht. Zu diesem Band hat der weltläufige Philosoph Vittorio Hösle unter dem Titel "Ludwig Steinherr - ein deutscher metaphysischer Dichter" aus großer Vertrautheit mit dem Werk ein Vorwort beigesteuert, in dem er drei thematische "Haltepunkte" ausfindig macht, um die Steinherrs Gedichte kreisen: Familie, bildende Kunst und eine "diskrete Religiosität". Die Beobachtung einer staunenswerten Kontinuität ist sicher berechtigt, nicht nur im Hinblick auf die Themen. Ein scheinbar unambitionierter Sprechton bestimmt seit je die reimlosen, unauffällig rhythmisierten Kurzverse Steinherrs, die zu kleinen Versblöcken (von Strophen mag man kaum sprechen) gefügt werden.

Dezenz in jeder Hinsicht herrscht vor in Wortwahl, Satzbau und Metaphorik. Und dennoch ereignet sich in nahezu allen Gedichten Überraschendes: Aus den zunächst beiläufigen Beobachtungen oder Feststellungen entwickeln sich, gleichsam unter der Hand, neue Sichtweisen, neue Erkenntnisse, pointierte Setzungen. Man verlässt die Gedichte mit weittragender Nachdenklichkeit; sie geben Denkanstöße.

Doch sollten neben diesen Kontinuitäten auch die Veränderungen beachtet werden: Die jüngeren Gedichte zeichnen sich durch größere Varietät aus. Es gibt mehr Redensartliches, sogar Ironie und Humor kommen vor, und trotzdem sind die jüngsten Gedichte weniger redselig als die älteren. Sie sagen mehr mit weniger Worten. Sie sind auch raffinierter konstruiert, rhetorisch grundiert und adressatenorientiert. Mit größerem Nachdruck geben sie zu erkennen, dass sie nicht nur gelesen, sondern auch gehört werden wollen - oder gar erhört? Der schöne Titel des neuesten Gedichtbands von Ludwig Steinherr, "Ganz Ohr", ließe sich daher als Aufforderung lesen oder als Wunschvorstellung des Autors: So, "ganz Ohr", sollte der Leser sein, ein idealer Zuhörer.

Liest man das Gedicht, das dem Band seinen Titel gegeben hat, bleibt die Überraschung nicht aus: Da geht es auf den ersten Blick keineswegs um Probleme der Lyrik oder um die Frage "Wer liest eigentlich Gedichte?". Es handelt sich vielmehr um ein Gebet. Mit dem Namen Gottes setzt es ein, und Gottes Ohr wird näher bestimmt: Es ist nicht das riesige "Buddha-Ohr", das auf den Darstellungen dieses Gottes bis auf die Schultern hinabreicht, sondern es ist ein "winziges Heuschreckenohr", das dennoch "alles zugleich hören muß - / die Schreie der Massaker an der Elfenbeinküste / und im selben Augenblick / das sanfte mystische Knistern / wenn Rafaela sich das Haar ausbürstet -".

Gott hört zwar alles das, aber jedes Gebet, das sich ihm zuwendet, ist "zu groß" für sein winziges Ohr. Erst wenn mit dem Niederknien der demütige Versuch unternommen wird, dem göttlichen Hören selbst auf den Grund zu gehen und in sein "winziges / Heuschreckenohr zu lauschen", findet Erhörung statt, nicht durch die Worte des Gebets, sondern allein durch die emotionale Intensität des Zuhörens ("mein gischtender / tosender Herzschlag"), die dem "unendlichen Lauschen" Gottes entspricht.

Man tut Steinherr nicht unrecht, wenn man ihn einen religiösen Dichter nennt, so fragwürdig diese Bezeichnung auch sein mag. Denn wer heute als Lyriker den Namen Gottes im Vers führt, genießt in Lyrikkreisen nicht gerade besondere Reputation; er muss mit dem Mitleid der Agnostiker und mit dem Spott der Atheisten rechnen, und selbst auf die frommen Gottgläubigen kann er nicht zählen. Sie neigen zur selbstgefälligen Orthodoxie und sind mit Missbrauchsvorwürfen schnell bei der Hand, wenn der Name Gottes in Gedichten ihrer Meinung nach allzu kühn und phantasievoll mit weltlichen Gegebenheiten kombiniert wird.

Ludwig Steinherr könnte davon vermutlich ein eigenes Lied singen. In seinen neuen Gedichten ist von Engeln und Kirchenlehrern, von Märtyrern und Kathedralen, vom Kreuzesnagel und vom Haarwunder der heiligen Agnes, von der heiligen Agatha mit den abgeschnittenen Brüsten und vom Zehennagel des Jesuskindes auf einer mittelalterlichen Miniatur die Rede. Und im schönsten Gedicht des Bandes ("Im Bamberger Dom") von der Figur der Synagoge, der eine hinreißende Liebeserklärung gewidmet wird. Stets versieht Steinherr seine religiös fundierten Gedichte mit teils saloppen, teils ironischen oder humorvollen und teils betont aktualisierenden Versen und gibt ihnen so bei allem gedanklichen Gewicht, das sie haben, zusätzlich beglückende Leichtigkeit. Die Frage nach der "Wahrheit" aller Erscheinungen, sei's des Alltags oder der Kunstwelt, der Reiseeindrücke oder der Lektüre, der die Gedichte nachgehen, wird auf diese Weise nicht weniger dringlich, aber weitaus eindringlicher und anschaulicher.

In Anspielung auf Eichendorffs vielviel zitierten Vierzeiler "Wünschelrute" ("Schläft ein Lied in allen Dingen, / Die da träumen fort und fort, / Und die Welt hebt an zu singen, / Triffst du nur das Zauberwort") stellt Steinherr in Frage, ob es wirklich wünschenswert wäre, wenn die ganze Welt, alle Dinge, selbst die Steine, erweckt durchs Zauberwort der Poesie, sich zu regen und zu singen begännen. Dass das "Lied in allen Dingen" schläft, hat also schon seine Richtigkeit. Gott selbst hat alle Dinge offenbar nach wohlerwogenem Plan in Tiefschlaf versetzt. Aber nicht nur der Lärm, der entstünde, wenn sie erwachten, wäre unerträglich, schlimmer noch zu ertragen - nämlich "zu bestürzend zu obszön / um nicht die Wahrheit zu sein" - wäre das allgemeine "Gemurmel". Steinherr geht es nicht um die Auferweckung der Dinge, sondern darum, sie zu erkennen und zu verstehen.

WULF SEGEBRECHT

Ludwig Steinherr "Das Mädchen. Der Maler. Ich". Ausgewählte Gedichte.

Vorwort von Vittorio Hösle. Allitera Verlag, München 2012. 187 S., geb., 19,90 [Euro].

Ludwig Steinherr "Ganz Ohr".

Gedichte.

Allitera Verlag, München 2012. 101 S., geb., 22,50 [Euro].

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