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Der Weltensammler und Reisephilosoph Ilija Trojanow gibt in seiner ebenso praktischen wie theorisierenden "Gebrauchsanweisung" Einblicke in die Kulturgeschichte des Reisens von der als Feinschliff für Adelskinder gedachten Bildungsreise über Butterfahrten bis Ballermann. Auch wenn Trojanow für faires Reisen eintritt, ist er selbstironisch genug, auf Paradoxien wie Machtasymmetrien und elitäre Entdeckerillusionen des Tourismus, auf Routen der Backpacker als Individualgruppenreisen in "Posthippie-Uniform" sowie auf "Authentizität" und erfundene oder künstlich wiederbelebte Traditionen als Verkaufsargumente und Konzepte der Inszenierung hinzuweisen. Leitmotiv ist die Wiederentdeckung des Reisens jenseits der Erfindung der Reisepakete. In seinem Lob des Fußläufigen plädiert Trojanow für bewusste Hingabe an den Gegenwind und eine "existenzielle Überrumpelung" als Akt des Erkennens und beglückenden Ermüdens angesichts kultureller Missverständnisse fern vom Diktat der Internetrankings und Reiseführer. Ironisch mit dem Genre spielend, hat der Autor einen Geheimtipp parat - statt "Lonely Planet" ein literarisches Opus ("Streifen Sie mit Charles Dickens durch London"), statt disneysierte Versatzstücke der Fremde die "Wunder der Nebensächlichkeiten" als Inspirationsquelle zu wählen. Nach so vielen politisch korrekten Weisheitskörnern kulturpessimistischer Reisetheorie traut man sich kaum mehr aus dem Haus - doch auch der heute "staycation" genannte Urlaub auf Balkonien habe einen entscheidenden Nachteil: Ihm ermangele die Beglückung der Heimkehr.
sg
"Gebrauchsanweisung fürs Reisen" von Ilija Trojanow. Piper Verlag, München 2018. 208 Seiten. Broschiert, fünfzehn Euro.
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