Masterarbeit aus dem Jahr 2021 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Lateinamerika, Universität Mannheim, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle der zu untersuchende Roman von Juan Gabriel Vásquez, La forma de las ruinas (2015), im Kontext von Kolumbiens Erinnerungskultur spielt, soll das Ziel dieser Arbeit sein. Es soll schließlich gezeigt werden, wie es dem Roman gelingt zwei dichotome und statische Wirklichkeitskonzepte, die der offiziellen Geschichtsschreibung Kolumbiens und die der Verschwörungstheorie, so aufeinandertreffen zu lassen, dass sich herausstellt, dass die Komplexität der gewaltvollen Vergangenheit Kolumbiens nicht eindeutig bestimmbar, sondern ambivalent ist. Dabei wird keine der im Dialog vertretenen Weltansichten diskreditiert, sondern vielmehr ein Plädoyer für Toleranz und Nachvollziehbarkeit geschaffen. Die Verschwörungstheorien an sich sind dabei in La forma de las ruinas in mehrfacher Weise funktional und thematisch relevant. Die zentrale Fragestellung richtet sich deshalb auf die Bedeutung und den Stellenwert, den die Verschwörungstheorien im Kontext der turbulenten Gewaltgeschichte Kolumbiens einnehmen können. Der Roman weist im Großen und Ganzen drei implizit theoretische Bezüge auf: die Gattungstypologie, die Verschwörungstheorien und die Geschichtskonstruktion. Deshalb sollen im Theorieteil zunächst die infrage kommenden Genres, an die der Roman andockt, beleuchtet werden. Im Folgenden werden die Verschwörungstheorien vorgestellt; was man unter ihnen versteht, wie sie funktionieren und welche Typen bekannt sind. Der Fokus liegt hierbei eher darauf zu verstehen, was Verschwörungstheorien leisten können und welche Funktion sie im Hinblick auf kollektive Traumata und den Umgang mit vergangenen Ereignissen haben können. Im Anschluss finden die beiden Theoriekapitel Anwendung in der Werkanalyse, wobei im ersten Unterkapitel des Hauptteils eine gattungstypologische Untersuchung erfolgt. Da der Roman allerdings implizit noch einen dritten theoretischen Bezug herstellt, nämlich den der Geschichtskonstruktion, sollen die Ergebnisse der Arbeit am Ende des Fazits nochmals mit der kulturwissenschaftlichen Forschung zum kollektiven Gedächtnis in Verbindung gebracht werden. Die Literatur an sich zählt, laut Astrid Erll, als Gedächtnismedium par excellence und die Verschwörungstheorien im Roman können als Symptom für eine einseitige Erinnerungspolitik verstanden werden. Daher sollen die Ergebnisse abschließend nochmals auf ebendieser etwas abstrakteren Ebene betrachtet und bewertet werden.