Die Sammlung beginnt mit einem gewaltigen Trauer- und Preisgedicht auf Kreuzigung und Auferstehung, das auch Ungläubige nicht kalt lassen dürfte, vielleicht das sprachmächtigste Werk dieser Art in Alexandrinern, das ich kenne.
"Fast ohne ein Nachsinnen" und "eylends" niedergeschrieben sind diese
Gedichte, so der Autor entschuldigend in der Vorbemerkung. Das merkt man ihnen aber kaum an. Die…mehrDie Sammlung beginnt mit einem gewaltigen Trauer- und Preisgedicht auf Kreuzigung und Auferstehung, das auch Ungläubige nicht kalt lassen dürfte, vielleicht das sprachmächtigste Werk dieser Art in Alexandrinern, das ich kenne.
"Fast ohne ein Nachsinnen" und "eylends" niedergeschrieben sind diese Gedichte, so der Autor entschuldigend in der Vorbemerkung. Das merkt man ihnen aber kaum an. Die schwungvolle und melodiöse Sprache lässt auch vergleichsweise Plattheiten verzeihen.
Neben Fleming ist von Zesen einer der bedeutenden Liederdichter seiner Zeit, insbesondere seine französischen Übertragungen sprechen von bemerkenswertem Talent, wenngleich das Gesamtwerk nicht den Einfallsreichtum eines Lohenstein und nicht die Modernität und Flüssigkeit der Verse eines Fleming oder Simon Dach erreichen mag.
Formal lehnt sich von Zesen stärker als seine Zeitgenossen an antiken Vorbildern (Pindar, Sappho) an, insbesondere was Versmaß und Strophenforma angeht. Öfter greift er auch zum lyrischen Dialog und verwendet antikes Personal, wie in den Schäfergedichten. Das mag an einigen Stellen heute antiquiert wirken, vermag aber in der Moral meist auch heute noch zu beeindrucken.
An Selbstbewusstsein fehlt es dieser Generation von Dichtern zu Recht nicht. Von Zesen postuliert in einem Gedicht, dass die Lyrik der Zeitgenossen wie Opitz oder Fleming der der antiken griechischen und römischen Vorbilder gar überlegen sei. Nach meinem Dafürhalten ist diese Behauptung gar nicht so abwegig.
Im Gedicht "Lustinne" gibt der Autor nebenbei einen Überblick über das Werk der zeitgenössischen Dichter, in dem er alle relevanten Namen aufführt, erstaunlicherweise sowohl Männer als auch Frauen.
Allein das - formal und inhaltlich - herausragende "dritte Lied auf das adliche Zimmer der Poeten", indem er den antiken Dichtern ein Denkmal setzt, beweist die poetische Potenz von Zesens.
Verblüffend auch ein sehr langes Loblied auf die Buchdruckkunst und auf deren Erfinder Gutenberg, welches nicht nur diesem und seinen Nachfolgern ein Denkmal setzt, sondern auch eine Reihe der damals verfügbaren (und teils heute noch existierenden) Schrifttypen im Detail vorstellt. Ein eindrucksvolles Beispiel für das Dichterhandwerk einerseits und für die Ehrung des Handwerks durch die Dichtkunst andererseits, wie man es in späteren Jahrhunderten nicht mehr findet, und Beispiel für eine ausgestorbene Tradition.
Auch von Zesen versteht sich auf das Preisen der Liebe, kann aber hier einem Lohenstein oder Neukirch nicht das Wasser reichen: "Wer hat der Venus solche Macht gegeben? Es muss ja alles ihr zu Willen leben / Wirft nicht Cupido über alle Lande / Ketten und Bande?"
Neben dem Griechischen beherrscht von Zesen auch das Niederländische, ein Gedicht zumindest ist in dieser Sprache verfasst.
Bemerkenswert auch an dieser Sammlung sind die Liebesgedichte, die von Zesens lyrisches Talent demonstrieren. Allein die Namen der angedichteten Frauen wie Klugemunde und Hildegunde sind einen Blick wert.