Es sind häufig ganz alltägliche Ausgangssituationen, in denen Roland E. Koch seine Figuren zeigt. Sie kommen von der Arbeit nach Hause oder brechen zu einer Reise auf, haben gerade eine Scheidung hinter sich oder gesundheitliche Probleme. Der eine oder andere versucht einen Neuanfang, er hat gerade gekündigt, die Stadt gewechselt oder meldet sich bei jemandem, den er lange aus den Augen verloren hatte. Manche verlieben sich, manche haben gerade eine Liebe hinter sich. Manche hadern mit ihrem Schicksal und wollen ihr Leben noch einmal herumreißen. Die meisten aber haben sich arrangiert und fragen sich höchstens einmal in einem ruhigen Moment, wie sie nur in dieses so wenig zufriedenstellende Leben hineingeraten konnten. So alltäglich und geruhsam diese Geschichten beginnen, so zügig wenden sie sich dann allerdings ins Wundersame. Es ist beinahe, als wären diese dichten, eindringlichen Prosa-Miniaturen von einem gut durchbluteten, fantastischen Muskelgeflecht durchzogen. Immer wieder überrascht der Autor seine Figuren mit sonderbaren Ereignissen und wunderlichen Vorkommnissen. Geheime Kräfte wirken in den Menschen und um sie her, denen sie sich mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit fügen. Am Ende träumt der Leser das Buch mehr, als dass er es liest, und beginnt sich zu fragen, wann sein eigenes Leben aus den Fugen gerät.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
93 Geschichten, noch dazu teils untereinander verbunden, und kein Inhaltsverzeichnis? Das geht nun wirklich nicht, tadelt Jochen Schimmang den Verlag. Dem Autor selbst hat er unterdessen kaum Vorwürfe zu machen: Insbesondere Kochs Streifzüge durch die Welt des Fantastischen und Wunderbaren weiß der Rezensent zu schätzen - zumal Koch hier, anders als in seinen Romanen, das Rätselhafte auch am Ende seiner zwei Seiten meist eh nicht überschreitenden Geschichten auch unerklärt lassen kann. Unzugänglich verrätselt sind die Geschichten dennoch nicht, beeilt sich Schimmang anzumerken: Sie kennzeichnet gerade eine "verblüffende Selbstverständlichkeit", etwa wenn Koch Gott als mit Dreck spielendes Kind darstellt. Völlig großartig wird es, so der Rezensent, wenn Koch Katastrophen wie einnickende LKW-Fahrer oder abstürzende Flugzeuge den Launen entthronter griechischer Götter zuschiebt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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