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Dies ist die Geschichte einer kleinen gemeinen Lynchjustiz, die in unser Privatleben eindringt, uns Identitäten zuschreibt und unseren demokratischen Austausch zensiert. Eine Plage der Sensibilität. Jeden Tag eine Gruppe, eine Minderheit, ein zum Stellvertreter einer Sache sich aufspielendes Individuum, das fordert, droht und uns auf die Nerven geht. In Kanada fordern Studenten die Streichung eines Yogakurses, um sich nicht dem Risiko der indischen Kultur auszusetzen. In den Vereinigten Staaten würde man am liebsten asiatische Menüs in den Kantinen verbieten und die als anstößig und normativ…mehr

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Produktbeschreibung
Dies ist die Geschichte einer kleinen gemeinen Lynchjustiz, die in unser Privatleben eindringt, uns Identitäten zuschreibt und unseren demokratischen Austausch zensiert. Eine Plage der Sensibilität. Jeden Tag eine Gruppe, eine Minderheit, ein zum Stellvertreter einer Sache sich aufspielendes Individuum, das fordert, droht und uns auf die Nerven geht. In Kanada fordern Studenten die Streichung eines Yogakurses, um sich nicht dem Risiko der indischen Kultur auszusetzen. In den Vereinigten Staaten würde man am liebsten asiatische Menüs in den Kantinen verbieten und die als anstößig und normativ verurteilten großen klassischen Werke von Flaubert bis Dostojewski aus dem Unterrichtsplan streichen. Studenten bezeichnen den geringsten Widerspruch als "Mikroaggression" und klagen "safe spaces" ein. In Wirklichkeit aber lernt man nur, Debatten zu meiden. Aufgrund geographischer oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe und der persönlichen Geschichte versucht man, die Hegemonie über die öffentliche Rede zu erreichen. Eine Einschüchterung, die bis zur Entlassung von Professoren geht. (Caroline Fourest)

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Autorenporträt
Caroline Fourest, geboren am 19. September 1975 in Aix-en-Provence, ist eine französische feministische Schriftstellerin und Journalistin. Sie ist Autorin des Werkes Frère Tariq (Bruder Tariq), in dem sie sich kritisch mit Tariq Ramadan auseinandersetzt. Im März 2006 unterzeichnete Fourest das Manifest der 12. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Nationalpreis für Laïcité im Jahr 2005 und den "Prix du livre politique" von der französischen Nationalversammlung im Jahr 2006. 2019 führte sie Regie beim feministischen Anti-Kriegs-Film Soeurs d'Armes (Waffenschwestern). Außerdem schrieb sie ein Buch über Marie le Pen und Éloge du blasphème (2015) über die Ermordung ihrer Kollegen von Charlie Hebdo.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensent Harry Nutt liest Caroline Fourests Fallsammlung mit Beispielen aus der linken Identitätspolitik mit Schrecken. Ob Thomas Gottschalk des Blackfacings, eine Yogagruppe der kulturellen Aneignung beschuldigt wird oder das Wort Zigeunerschnitzel auf den Index kommt, die Grenzen zwischen rechter und linker Identitätspolitik sind längst fließend, lernt Nutt bei Fourest. Wie analytisch klar die Autorin den Blick schärft für den Tugendterror, findet Nutt bewundernswert. Lustig ist das alles längst nicht mehr, stellt er fest, auch wenn die Autorin sich in "bittere Ironie" rettet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2021

In sicheren Räumen
Caroline Fourest über Strategien der identitären Linken

Hier spricht jemand Klartext. Caroline Fourest räumt mit Verve den öffentlichen Diskurs auf, der vor lauter Empörungsreflexen eine vernünftige Verständigung mittlerweile nahezu unmöglich macht. Längst sind es nicht mehr bloß die Rechtsextremen, die ihr politisches Projekt zu einer Frage der Identität erklären. Auch die Linke ist auf den Geschmack gekommen und führt den Kampf der politischen Hypersensibilisierung.

Die linksidentitäre Selbstbehauptung hat viele Gesichter. Ob es um gendergerechte Sprache geht, Antirassismus, Diversitätsgebote oder Dekolonialisierung - die Praxis der Subsumierung entweder unter die Bösen oder die Guten ist institutionell bereits tief verankert. An der Universität, in der Verwaltung, in Film, Kunst und Medien, überall ist die eigene Identität plötzlich politisch, und sie steht gleich unter Verdacht, wenn sie nicht zu einer als diskriminiert geltenden Minderheit gehört. Die französische Journalistin Caroline Fourest hat diesen identitätspolitischen Verdrehungen eine scharfsinnige Kritik gewidmet.

Fourest, die für "Charlie Hebdo" gearbeitet hat, legt in ihrem Buch ihre Orientierung offen: Sie ist homosexuell und war deshalb etlichen Anfeindungen ausgesetzt. Aber sie wählt nicht den Weg der identifikatorischen Aufladung des Politischen, sondern sieht sich selbst in der Tradition der republikanischen, universalistischen Linken. Wo die eigene Identität als Waffe gegen jegliche Kritik eingesetzt wird, nimmt diese biographische Transparenz der Gegenseite den Wind aus den Segeln.

Fourest erzählt von "Safe Spaces" an Universitäten, die Studenten vor diskriminierenden "Mikroaggressionen" schützen sollen. Aus Sicht der "opferzentrierten Ideologie des Antirassismus" droht diese Gefahr überall: in der Art, wie wir sprechen, in Seminarthemen und Büchern, sogar in der Darstellung von Geschichte, die historisches Unrecht beim Namen nennt. Das führt so weit, dass "segregierte Werkstätten" entstehen, die "Rassifizierte" von "Nicht-Rassifizierten" (den Weißen) trennen. Wer aufgrund seiner Hautfarbe privilegiert ist, gehört ausgeschlossen. Das ist das Diktum einer neuen Linken, die im Namen des Antirassismus rassistische Denkweisen neu festschreibt, nur unter umgekehrtem Vorzeichen: "Sag mir, welcher Herkunft du bist, und ich werde dir sagen, ob du reden darfst!"

Fourest kritisiert die Verharmlosung des politischen Islams und beobachtet die Vorwürfe der "kulturellen Aneignung", die etwa in Kanada so weit gingen, dass Yoga-Kurse boykottiert wurden, aus Angst, sich indische Kultur anzueignen. Sie kritisiert die Forderung von Schauspielern, ihre Herkunft und sexuelle Orientierung bei der Vergabe von Rollen zu berücksichtigen und für eine stärkere Repräsentation unterdrückter Minderheiten zu sorgen. Man müsse nicht das sein, was man spielt. Eine solche Offerte missachte den Geist des Theaters, "das allen Menschen erlaubt, in alle erdenklichen Rollen zu schlüpfen, ohne sich einem DNA-Test zu unterziehen". Sie erkennt, wie "brandgefährlich" die politische Motivation der identitären Linken ist: "Die neue Generation denkt nur daran, zu zensieren, was sie kränkt oder ,beleidigt'." Sie beanspruchten, die Welt von Ungleichheit, Unterdrückung und Ausgrenzung zu befreien, und verfielen dabei einer Doppelmoral, die am Ende genau das forciert, was sie eigentlich bekämpfen will.

Die "politische Korrektheit", schreibt Fourest, sehe der "freiheitsbedrohenden Karikatur immer ähnlicher, die ihre Gegner von jeher gezeichnet haben". Die soziale Frage habe die Linke indessen vollständig aus den Augen verloren. In der Tat sind die aggressiven Debatten zur linken Identitätspolitik keine Themen der Unterschicht; sie entstehen in privilegierten Milieus, welche die Beschränktheit ihrer eigenen Perspektiven nicht wahrhaben wollen. Die identitäre Rechte, warnt Fourest, profitiere am Ende davon. Eine treffendere Analyse wird man so schnell nicht finden.

HANNAH BETHKE.

Caroline Fourest: "Generation beleidigt." Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei. Über den wachsenden Einfluss linker Identitärer. Eine Kritik.

Aus dem Französischen von A. Carsticuc, M. Feldon, Ch. Hesse. Edition Tiamat, Berlin 2020. 144 S., br. 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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