Liebe Leserin, lieber Leser, Geschichte ist in Irland nichts Vergangenes. Sondern stets gegenwärtig, lebendig. Zahlreiche Ereignisse, Figuren und Schauplätze aus früheren Epochen sind den Menschen auf der Grünen Insel auch heute noch präsent. Denn wie nur wenige andere Völker sind die Iren geradezu besessen von der Beschäftigung mit ihrer eigenen Historie. Und das ist nicht allein nostalgische Traditionspflege: In dem Land, dessen führende konservative- Par tei nach legendären keltischen Kriegerhorden benan nt ist (Fianna Fáil, "Soldaten des Schicksals") - und wo die Liberalen "Clan der Gälen" (Fine Gael) heißen, werden immer wieder uralte Geschehnisse als Schlagworte in aktuellen politischen Diskussionen verwendet. Vor allem die Auseinandersetz-un gen mit den britischen Besatzern - die das Land fast acht Jahrhunderte unt-er jochten - haben sich tief in das histo-ri sche Bewusstsein der Iren eingegraben. Etwa die Aufstände im 17. Jahrh-u n dert, als der Kampf um Glaube un d Macht die konfessionell gespaltene- In sel verheerte. Historiker schätzen, dass damals bis zu 600 000 Menschen ihr Leben durch Gemetzel, Hungersnöte und Seuchen verloren, wohl mehr als ein Drittel aller Bewohner der Insel. Im Jahr 1649 verübten die Tru-p pen des englischen Feldherrn Oliver Cromwell Massaker unter der Zivilbevölkerung der Städte Drogheda und Wexford. Der fanatische Puritaner v-er jagte zudem zahllose Katholiken von ihrem Land, ließ 50 000 von ihnen in die Sklaverei in die Karibik depor-t ie ren - und gilt seither in der irischen Folklore als monströser "Schlächter Irlands". "Der Fluch Cromwells soll über dich kommen" ist bei katholischen Iren eine -Ver wünschung eines besonders verhassten Feindes. Die geradezu obsessive Beschäftigung mit dem erfahrenen Leid bleibt nicht ohne Konsequenzen. Auch heute noch präge ein Opfermythos Irland, so etwa der Dub liner Historiker Eunan O'Halpin - als wären sä-mt liche heutigen Probleme der Insel eine Folge der britischen Fremdherrschaft (dabei ist das P-rKo opf-Sozialprodukt in der Republik Irland inzwischen um zwei Drittel höher als im Vereinigten Königreich). Nordirlands Protestanten hingegen feiern noch immer Jahr für Jahr den Sieg des englischen Königs W- il helm III. 1690 über seinen katholischen Rivalen Jakob II. An jede m 12. Juli marschieren protestantische Aktivisten durch die Straßen Ulsters - nachdem sie am Abend zuvor Sy-m bole des katholischen Irland wie die Trikolore der Republik auf Freud-en feuern verbrannt haben. Und provoz-ie ren damit die katholische Minderheit im Norden. Immer wieder ist das der Auslöser blutiger Straßenschlachten gewesen, zuletzt 2015 in Belfast. Von 850 Jahren dieser bis heute höchst lebendigen Vergangenhe it erzählen wir in der vorliegende n Aus gabe. Was Mythos ist und was wirklich geschah - die Geschichte der Grünen Insel.
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