Gerold Plassek ist Journalist bei einer Gratiszeitung. Bei ihm im Büro sitzt der 14-jährige Manuel, dessen Mutter im Ausland arbeitet. Er beobachtet Gerold beim Nichtstun und ahnt nicht, dass dieser Versager sein Vater ist. Gerold fehlt jeder Antrieb, die Stammkneipe ist sein Wohnzimmer und der Alkohol sein verlässlichster Freund. Plötzlich kommt Bewegung in sein Leben: Nach dem Erscheinen seines Artikels über eine überfüllte Obdachlosenschlafstätte trifft dort eine anonyme Geldspende ein. Das ist der Beginn einer Serie von Wohltaten, durch die Gerold immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt. Und langsam beginnt auch Manuel, ihn zu mögen … – Ein so spannender wie anrührender Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dana Buchzik gefällt es ganz und gar nicht, wie der Autor sie als Leserin unterschätzt. Dass Daniel Glattauer mit diesem Roman versucht, seine Kritiker mit einem Weniger an Romantikschmalz zufriedenzustellen, wie Buchzik anfangs vermutet, verliert dadurch seinen Effekt, dass der Autor statt Romantik nun Sozialkitsch gepaart mit kalauerndem Humor und Figurenkarikaturen produziert, wie die Rezensentin entsetzt feststellt. Die Geschichte um einen abgehalfterten Journalisten, der das Glück findet, meint Buchzik, schlägt gewiss ein wie eine Bombe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.11.2014Schmunzeln gratis
Daniel Glattauers allzu leichtgewichtiger Roman „Geschenkt“ erzählt von einem erfolglosen Journalisten
Seit Erscheinen seines Romans „Gut gegen Nordwind“ (2006) ist die Glattauer’sche Melange aus Romantik und Unterhaltung ein Publikumsmagnet. Während seine frühen literarischen Arbeiten – launige Kinder- und Weihnachtsgeschichten, Kolumnensammlungen und ein Roman über einen Gerichtsreporter – eher untergingen, wurde Daniel Glattauers E-Mail-Romanze rund zwei Millionen Mal verkauft und in 39 Sprachen übersetzt.
Glattauers Bücher sind das, was im Verlagswesen als Publikumstitel verstanden wird: Sie gehen zu Hunderttausenden über die Ladentheke, werden aber von der Kritik eher verhalten aufgenommen. Daniel Glattauer, der selbst jahrzehntelang als Journalist gearbeitet hat, unterstellt Kritikern gern pauschale Abscheu vor Romantik. Vielleicht ist sein fünfter Roman, „Geschenkt“, ein Versuch, sich dem Feuilleton anzunähern; immerhin wurde an der Zutat „Romantik“ diesmal deutlich gespart.
Protagonist Gerold Plassek, genannt Geri, hat kein Glück mit den Frauen, und auch jenseits der Hormonfront sieht es eher düster aus. Der 43-Jährige schlägt sich als Journalist bei der Gratiszeitung Tag für Tag durch, ein Job, der den Beziehungen seiner mitleidigen Exgattin Gudrun zu verdanken ist. Tag für Tag und der dahinter stehende Großhandelskonzern Plus werden vom Autor schnell als böse abgefertigt: Der Konzern rechtslastig, die scheinbare Tageszeitung ein Anzeigenblättchen – kein Elend der Welt wäre „elendig genug, um etwa einer Werbeeinschaltung für Gartenlaubenheizgeräte den Platz wegzunehmen“ –, die Mitarbeiter dümmlich oder durchtrieben und die Büros viel zu klein. Gerold Plassek wäre allerdings auch unter besseren Außenbedingungen kein guter Journalist: Dank eines schweren Alkoholproblems kann er sich kaum konzentrieren, geschweige denn für sich oder seine Tochter Florentina sorgen. Das 15-jährige Mädchen lebt bei seiner Mutter Gudrun und deren neuem Mann Berthold, einem zwielichtigen Lobbyisten.
Hier schlägt Daniel Glattauers langjährige Tätigkeit als Kolumnist durch: Er neigt zum schnellen Typisieren. Jedes Sub- oder Objekt wird eilfertig etikettiert, jede potenzielle Leerstelle mit Pointengewittern gefüllt. Dadurch entstehen keine Figuren, sondern Karikaturen: Gudrun ist die zum Materialismus konvertierte Hippiefrau, Florentina die Teenagerwuchtbrumme und Berthold der abgrundtief böse Großverdiener. Protagonist Gerold Plassek schließlich ist wenig mehr als ein Clown, der schräg grinsend von einem unangenehmen Moment zum nächsten stolpert. Als eine seiner Verflossenen, Alice, sich meldet, glaubt er an ein Liebesrevival, soll aber nur ihren Sohn Manuel bei den Hausaufgaben betreuen: Alice will ein halbes Jahr ins Ausland, und ihre Schwester, bei der Manuel unterkommen kann, gibt nachmittags Musikgymnastikstunden.
Also sitzen Vater und Sohn missmutig in Gerolds winzigem Büro; der Sohn bockig-schweigsam, der Vater überfordert und biersehnsüchtig. Diese verfahrene Situation kann nur ein Wunder retten, und so schenkt der Autor seinem Protagonisten einen Karriereschub. Gerolds Arbeit bei Tag für Tag besteht darin, Kurzmeldungen zu verfassen; wenn neben den Anzeigen genug Platz bleibt, darf es auch um in Not geratene karitative Einrichtungen gehen. Ein anonymer Spender nimmt Gerolds kleine Texte zum Anlass, Geldgeschenke zu verschicken: Jede betroffene Einrichtung erhält zehntausend Euro in einem weißen Kuvert; beigelegt ist ein Zeitungsausschnitt mit Gerolds Meldung.
Die frohen Botschaften und die damit einhergehende Euphorie schweißen Vater und Sohn zusammen. Gerold darf sich von den Kurzmeldungen verabschieden und Sozialreportagen schreiben, worüber Manuels Schulaufgaben bald in Vergessenheit geraten. Stattdessen übernimmt der Junge die Recherchearbeit (die auch den ganz realen Journalisten Daniel Glattauer nie gereizt hat) und möbelt die Texte seines Vaters kräftig auf. Es ist nicht zuletzt dieser parasitäre Arbeitsansatz, der Gerold eine neue Stelle bei einer Zeitung einbringt, die wie das journalistische Paradies daherkommt: „linksliberal, anspruchsvoll und jugendlich“, niemandem verpflichtet und dennoch in der Lage, ihre Autoren großzügig zu entlohnen. Für den Fall, dass dem Leser das „gut“-Etikett bis jetzt noch nicht aufgefallen ist, hat Glattauer das Blatt Neuzeit genannt.
Gerolds Verhältnis zu seinem Sohn gewinnt mit jeder Minute an Innigkeit, auch seiner Tochter wird er nach fünfzehn Jahren liebevoller Vater und Respektsperson, seine Exfrau nimmt ihn endlich ernst, und dann gibt es auch noch eine gut aussehende Zahnärztin, die ihrem Patienten Gerold vielversprechende Botschaften schickt. Dieses Übermaß an Sozialkitsch kompensiert der Autor durch ein Übermaß an Humorigkeit: Sein Protagonist Gerold kommentiert jedes Ereignis, feuert unermüdlich flapsige Wortspiele ab und kommt aus dem onkelhaften Augenzwinkern gar nicht mehr heraus. So wird in „Geschenkt“ am Ende alles gut, ohne dass irgendjemand sich hätte anstrengen müssen. Daniel Glattauer, Österreichs wohl erfolgreichster Autor, neigt dazu, seine Leser gnadenlos zu unterschätzen.
DANA BUCHZIK
Daniel Glattauer: Geschenkt. Roman. Deuticke Verlag, Wien 2014. 336 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Die Kolumnisten-Erfahrung
des Autors merkt man am Hang
zum schnellen Typisieren
Auch das glückliche Ende
wird den handelnden Personen
titelgerecht geschenkt
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Daniel Glattauers allzu leichtgewichtiger Roman „Geschenkt“ erzählt von einem erfolglosen Journalisten
Seit Erscheinen seines Romans „Gut gegen Nordwind“ (2006) ist die Glattauer’sche Melange aus Romantik und Unterhaltung ein Publikumsmagnet. Während seine frühen literarischen Arbeiten – launige Kinder- und Weihnachtsgeschichten, Kolumnensammlungen und ein Roman über einen Gerichtsreporter – eher untergingen, wurde Daniel Glattauers E-Mail-Romanze rund zwei Millionen Mal verkauft und in 39 Sprachen übersetzt.
Glattauers Bücher sind das, was im Verlagswesen als Publikumstitel verstanden wird: Sie gehen zu Hunderttausenden über die Ladentheke, werden aber von der Kritik eher verhalten aufgenommen. Daniel Glattauer, der selbst jahrzehntelang als Journalist gearbeitet hat, unterstellt Kritikern gern pauschale Abscheu vor Romantik. Vielleicht ist sein fünfter Roman, „Geschenkt“, ein Versuch, sich dem Feuilleton anzunähern; immerhin wurde an der Zutat „Romantik“ diesmal deutlich gespart.
Protagonist Gerold Plassek, genannt Geri, hat kein Glück mit den Frauen, und auch jenseits der Hormonfront sieht es eher düster aus. Der 43-Jährige schlägt sich als Journalist bei der Gratiszeitung Tag für Tag durch, ein Job, der den Beziehungen seiner mitleidigen Exgattin Gudrun zu verdanken ist. Tag für Tag und der dahinter stehende Großhandelskonzern Plus werden vom Autor schnell als böse abgefertigt: Der Konzern rechtslastig, die scheinbare Tageszeitung ein Anzeigenblättchen – kein Elend der Welt wäre „elendig genug, um etwa einer Werbeeinschaltung für Gartenlaubenheizgeräte den Platz wegzunehmen“ –, die Mitarbeiter dümmlich oder durchtrieben und die Büros viel zu klein. Gerold Plassek wäre allerdings auch unter besseren Außenbedingungen kein guter Journalist: Dank eines schweren Alkoholproblems kann er sich kaum konzentrieren, geschweige denn für sich oder seine Tochter Florentina sorgen. Das 15-jährige Mädchen lebt bei seiner Mutter Gudrun und deren neuem Mann Berthold, einem zwielichtigen Lobbyisten.
Hier schlägt Daniel Glattauers langjährige Tätigkeit als Kolumnist durch: Er neigt zum schnellen Typisieren. Jedes Sub- oder Objekt wird eilfertig etikettiert, jede potenzielle Leerstelle mit Pointengewittern gefüllt. Dadurch entstehen keine Figuren, sondern Karikaturen: Gudrun ist die zum Materialismus konvertierte Hippiefrau, Florentina die Teenagerwuchtbrumme und Berthold der abgrundtief böse Großverdiener. Protagonist Gerold Plassek schließlich ist wenig mehr als ein Clown, der schräg grinsend von einem unangenehmen Moment zum nächsten stolpert. Als eine seiner Verflossenen, Alice, sich meldet, glaubt er an ein Liebesrevival, soll aber nur ihren Sohn Manuel bei den Hausaufgaben betreuen: Alice will ein halbes Jahr ins Ausland, und ihre Schwester, bei der Manuel unterkommen kann, gibt nachmittags Musikgymnastikstunden.
Also sitzen Vater und Sohn missmutig in Gerolds winzigem Büro; der Sohn bockig-schweigsam, der Vater überfordert und biersehnsüchtig. Diese verfahrene Situation kann nur ein Wunder retten, und so schenkt der Autor seinem Protagonisten einen Karriereschub. Gerolds Arbeit bei Tag für Tag besteht darin, Kurzmeldungen zu verfassen; wenn neben den Anzeigen genug Platz bleibt, darf es auch um in Not geratene karitative Einrichtungen gehen. Ein anonymer Spender nimmt Gerolds kleine Texte zum Anlass, Geldgeschenke zu verschicken: Jede betroffene Einrichtung erhält zehntausend Euro in einem weißen Kuvert; beigelegt ist ein Zeitungsausschnitt mit Gerolds Meldung.
Die frohen Botschaften und die damit einhergehende Euphorie schweißen Vater und Sohn zusammen. Gerold darf sich von den Kurzmeldungen verabschieden und Sozialreportagen schreiben, worüber Manuels Schulaufgaben bald in Vergessenheit geraten. Stattdessen übernimmt der Junge die Recherchearbeit (die auch den ganz realen Journalisten Daniel Glattauer nie gereizt hat) und möbelt die Texte seines Vaters kräftig auf. Es ist nicht zuletzt dieser parasitäre Arbeitsansatz, der Gerold eine neue Stelle bei einer Zeitung einbringt, die wie das journalistische Paradies daherkommt: „linksliberal, anspruchsvoll und jugendlich“, niemandem verpflichtet und dennoch in der Lage, ihre Autoren großzügig zu entlohnen. Für den Fall, dass dem Leser das „gut“-Etikett bis jetzt noch nicht aufgefallen ist, hat Glattauer das Blatt Neuzeit genannt.
Gerolds Verhältnis zu seinem Sohn gewinnt mit jeder Minute an Innigkeit, auch seiner Tochter wird er nach fünfzehn Jahren liebevoller Vater und Respektsperson, seine Exfrau nimmt ihn endlich ernst, und dann gibt es auch noch eine gut aussehende Zahnärztin, die ihrem Patienten Gerold vielversprechende Botschaften schickt. Dieses Übermaß an Sozialkitsch kompensiert der Autor durch ein Übermaß an Humorigkeit: Sein Protagonist Gerold kommentiert jedes Ereignis, feuert unermüdlich flapsige Wortspiele ab und kommt aus dem onkelhaften Augenzwinkern gar nicht mehr heraus. So wird in „Geschenkt“ am Ende alles gut, ohne dass irgendjemand sich hätte anstrengen müssen. Daniel Glattauer, Österreichs wohl erfolgreichster Autor, neigt dazu, seine Leser gnadenlos zu unterschätzen.
DANA BUCHZIK
Daniel Glattauer: Geschenkt. Roman. Deuticke Verlag, Wien 2014. 336 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Die Kolumnisten-Erfahrung
des Autors merkt man am Hang
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Auch das glückliche Ende
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"Was Daniel Glattauer auszeichnet, ist sein Witz, aber auch sein Sinn für aussergewöhnliche Ansichten und unerwartete Wendungen." Tanja Kummer, Schweitzer Radio und Fernsehen, 28.08.14