Mit dem Begriff der Raumfahrt werden technologische Höchstleistungen assoziiert: Sputnik, der Mensch auf dem Mond, interplanetare Missionen, das internationale Raumstationsprogramm. Politisches Interesse war seit Beginn an grundlegend für die Durchführung von Raumfahrtprogrammen. Erstmals analysiert Reinke die gesamte Geschichte des deutschen Raumfahrtengagements, von den Anfängen unter Wernher von Braun im nationalsozialistischen Deutschland, über die europäische Einbindung und transatlantische Kooperation nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur heutigen internationalen Zusammenarbeit. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt bei den nationalen und internationalen politischen Akteuren und Programmen, doch auch die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte berücksichtigt der Autor durch eine umfassende Darstellung aller bislang unter deutscher Beteiligung gestarteten Missionen.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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RAUMFAHRTPOLITIK. Die im "Dritten Reich" entwickelte V-2-Rakete hat den Alliierten geholfen, die Grundlagen für künftige Weltraumflüge zu schaffen. Auf diesem Gebiet befand sich die Bundesrepublik Deutschland, als sie 1955 mit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge eine umfassende Souveränität erhielt, zehn Jahre in Rückstand. Damals wurde zunächst vor allem in der Wissenschaft der Grundstein gelegt, auf dem Deutschland später zu einer geachteten Raumfahrtnation wurde. Die Stationen dorthin hat Niklas Reinke in dem Buch "Geschichte der deutschen Raumfahrtpolitik" analysiert. Auffallend ist, wie kopflos die Politik anfangs war. Während die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein erstes Memorandum zur Weltraumforschung in Auftrag gab und die "Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt" eigene Kapazitäten auf dem Raumfahrtsektor aufbaute, konnte man sich in Bonn nicht einigen, welches Ministerium für Raumfahrttechnik und -forschung zuständig sein sollte. Das wußte Franz Josef Strauß geschickt zu nutzen. 1962 übertrug Bundeskanzler Adenauer die Federführung für die Projekte an das Atomministerium, aus dem das Ministerium für wissenschaftliche Forschung hervorging. Die Entscheidung war nach Meinung Reinkes nicht richtig durchdacht, weil für die Luftfahrtforschung wiederum das Verkehrsministerium zuständig war, während dem Wirtschaftsministerium die industriellen Aspekte der Luft- und Raumfahrt oblagen. Mit der deutschen Raumfahrt ging es gleichwohl stetig bergauf, unter anderem, weil die Bundesregierung ihr Potential für die Westintegration Deutschlands erkannte. Das Engagement Bonns in der europäischen Raumfahrt wuchs, wobei die Wissenschaft im Vordergrund stand. Gleichzeitig wurden die transatlantische Partnerschaft und die Kooperation mit Frankreich trotz mancher Hindernisse ausgebaut. In der Industrie ging man später - von der Politik getrieben - dazu über, Konzentrationen zu schaffen. Der Prozeß ist noch nicht abgeschlossen. Die deutsche Raumfahrtpolitik ist Reinke zufolge von einer Kontinuität durch Diskontinuität vor allem im Managementsystem geprägt, sie schwankt bis heute zwischen Eigenverantwortung und Fremdbestimmung. In dem Buch werden die Konzepte, Einflußfaktoren und Interdependenzen von 1923 bis 2002 (einschließlich der Entwicklung in der früheren DDR) schlüssig dargestellt. Die Raumfahrtmissionen Deutschlands sind im Anhang umfassend dokumentiert. (Niklas Reinke: Geschichte der deutschen Raumfahrtpolitik. R. Oldenbourg Verlag, München 2004. 602 Seiten, 49,80 [Euro].)
GÜNTER PAUL
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"Hervorragend beschreibt Reinke den anhaltenden 'aktionistischen' Schlingerkurs der deutschen Raumfahrtpolitik, das Fehlen langfristiger Konzepte, das Abschmelzen der nationalen Förderung zugunsten der Mittel europäischer Projekte. Reinkes Stärke ist die filigrane Darstellung der Politik." (VDI-Nachrichten vom 22.10.2004)