Von alters her war, wie heutzutage, die arabische Wüste der Tummelplatz unabhängiger Beduinenstämme. Mit freiem, gesundem Sinn blickten diese in ihre einförmige Welt hinein, deren höchster Reiz der Beutezug, deren geistiger Schatz die Stammesüberlieferung war. Weder die Errungenschaften geselliger Arbeit noch die Gaben schöner Muße waren ihnen bekannt. Nur an den Rändern der Wüste wurde, in Staatenbildungen, die oft von den Überfällen jener Beduinen zu leiden hatten, eine höhere Stufe der Gesittung erreicht. So war es im Süden, wo in christlicher Zeit unter abyssinischer oder persischer Oberhoheit das alte Reich der Königin von Saba fortbestand. Im Westen lagen an einer alten Handelsstraße Mekka und Medina (Jathrib), und besonders Mekka mit seinem Markte im Schutze eines Tempels war ein Mittelpunkt regen Verkehrs. Im Norden endlich hatten sich zwei halbsouveräne Staaten unter arabischen Fürsten gebildet: gegen Persien hin das Reich der Lachmiden in Hira und gegen Byzanz der Gassaniden Herrschaft in Syrien. Aber in Sprache und Poesie stellte sich schon vor Mohammed einigermaßen die Einheit der arabischen Nation dar. Die Dichter waren die Wissenden ihres Volkes. Ihre Zaubersprüche galten zunächst den Stämmen als Orakel. Doch ging ihre Wirkung wohl oft über den eigenen Stamm hinaus.