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Bald werden uns kleine Reaktoren im Garten mit Energie versorgen. Das Waldsterben lässt sich nicht mehr aufhalten. Der Sozialismus macht ein Ende mit der sozialen Ungerechtigkeit. Wirklich? Joachim Radkau hat erforscht, wie sich die Deutschen seit 1945 ihre Zukunft ausgemalt haben. Hoffnungen und Ängste, Prognosen und Visionen, fatale Irrtümer und unerwartete Wendungen: Im Rückblick staunt man, wie sicher wir zu wissen glauben, was auf uns zukommt. Dabei sind diese Vorstellungen oft Grundlage weitreichender Entscheidungen, ob es nun um die Umwelt geht, um die Rente oder die Bildung. Ein…mehr

Produktbeschreibung
Bald werden uns kleine Reaktoren im Garten mit Energie versorgen. Das Waldsterben lässt sich nicht mehr aufhalten. Der Sozialismus macht ein Ende mit der sozialen Ungerechtigkeit. Wirklich? Joachim Radkau hat erforscht, wie sich die Deutschen seit 1945 ihre Zukunft ausgemalt haben. Hoffnungen und Ängste, Prognosen und Visionen, fatale Irrtümer und unerwartete Wendungen: Im Rückblick staunt man, wie sicher wir zu wissen glauben, was auf uns zukommt. Dabei sind diese Vorstellungen oft Grundlage weitreichender Entscheidungen, ob es nun um die Umwelt geht, um die Rente oder die Bildung. Ein ungewöhnlicher Blick auf die deutsche Geschichte von einem der originellsten Historiker unserer Tage.

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Autorenporträt
Joachim Radkau, Jahrgang 1943, lehrte als Professor bis 2009 Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld. Bei Hanser sind erschienen: Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler (1998), Max Weber. Die Leidenschaft des Denkens (2005), Theodor Heuss. Biografie (2013), Geschichte der Zukunft. Prognosen, Visionen, Irrungen in Deutschland von 1945 bis heute.(2017) und Malwida von Meysenbug. Revolutionärin, Dichterin, Freundin: eine Frau im 19. Jahrhundert (2022). Joachim Radkau lebt in Bielefeld. 2015 erhielt er den Einhard-Preis.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wolfgang Luef lernt mit Joachim Radkaus Buch, allzu sicheren Zukunftsprognosen zu misstrauen. Der umfangreiche Essay des Historikers widerlegt laut Luef die Vorstellung, die deutsche Geschichte sei an einer durchgängigen Narration verlaufen. Vielmehr zeigt er quellensatt, wie die Zeitgenossen von der Zukunft träumten, sich irrten oder wie sie von den tatsächlichen Entwicklungen komplett überrascht wurden. Zwischen den Presseartikeln, den dokumentierten Vorstellungen von Politikern und Ökonomen und den alltäglichen Ängsten und Hoffnungen der Menschen aus unterschiedlichen Epochen erscheinen Luef die Gedanken des Autors als einziger roter Faden im Text. Der leichten Unübersichtlichkeit steht laut Rezensent die Tatsache gegenüber, dass die Lektüre nie langweilig wird. Die Geschichte der Zukunft erscheint hier als ein veritables Füllhorn von Geschichten, Visionen und Sorgen (etwa Atomkraft, Energiewende etc.), die die Politik und das Leben beeinflusst haben, meint er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2017

Kam ja doch anders als gedacht

Wo Katastrophen lauern: Joachim Radkau widmet sich deutschen Zukunftserwartungen nach 1945 und schreibt so eine etwas andere Geschichte der Bundesrepublik.

Johann Gottfried Herder hat schon Ende des achtzehnten Jahrhunderts einmal eine "Wissenschaft von der Zukunft" in Aussicht gestellt. Seither hat es in den Humanwissenschaften nicht an Versuchen gefehlt, eine solche Wissenschaft ins Leben zu rufen. Zuletzt auch in der Geschichtswissenschaft, obwohl diese sich bislang in der Regel ausschließlich der Vergangenheit zugewandt hat. Die "Geschichte der Zukunft", die Joachim Radkau nun zur Bundesrepublik vorgelegt hat, ist allerdings alles andere als eine Wissenschaft, die nach festen Regeln neues Wissen generiert. Sie ist eher so etwas wie eine Anti-Wissenschaft, die die Vergeblichkeit solcher Bemühungen aufdeckt.

Eigentlich ist sie auch keine Geschichte, wenn man unter "Geschichte" einen durchgehenden Zusammenhang der Dinge versteht, sondern eher der Bericht von einem Phantom, einem Irrlicht, das die Menschen foppt, sich ihrem Zugriff immer wieder entzieht, gemäß der Einsicht: Wenn du denkst, du hast'n, springt er aus dem Kasten - um dann allerdings, allgegenwärtig, jederzeit und überall wieder aufzutauchen, auch dort, wo man es am wenigsten erwartet.

Den Bielefelder Historiker hat sein wissenschaftlicher Widerspruchsgeist in ein Mammutunternehmen getrieben, dessen Durchführung den Leser, trotz aller sprachlichen und gedanklichen Lockerheit, letztlich ermüdet. Radkau ärgert die pauschalisierende Art, mit der viele Zukunftshistoriker heute über die vergangene Zukunft sprechen - obwohl deren Gegenstand meist gar nicht die Zukunft ist, die dann tatsächlich eingetreten ist, sondern nur diejenige, die die Zeitgenossen vor sich glaubten. Deshalb will er "die Zukunftsgeschichte tiefer in der realen Geschichte verwurzeln, ob als Spiegel von Zeitstimmungen, als Triebkraft des Handelns oder als Quelle von Überraschungen". Das ist gut und schon deshalb wichtig, weil es die Zukunft nicht auf die bloße Vorstellung von ihr reduziert. Nur bleibt die Zukunft dabei als geschichtlicher Zusammenhang auf der Strecke.

Wer sich in Radkaus Urwald vergangener Zukünfte begibt, sollte nicht zu viel auf Prognosen geben: Langfristig richtige Voraussagen waren selten, selbst bei den gewieftesten Experten. Meist kam es ganz anders, als sie glaubten. Viel verbreiteter war das Schönreden gescheiterter Voraussagen. Auch sollte der Leser daran Vergnügen finden, mit historischen Fehlurteilen aus dem Rückblick späterer Zeiten aufzuräumen. Der angenommene Zukunftsoptimismus der Deutschen nach dem Krieg: eine Rückprojektion späterer Zeiten. Tatsächlich sahen viele den nächsten Weltkrieg schon nah. Statt an den Fortschritt zu glauben, verzweifelten sie an ihm - trotz "Wirtschaftswunder" und Wiederaufnahme Deutschlands in den Kreis der westlichen Nationen.

Adenauer zum Beispiel: Vielen gilt er noch heute als ein rationaler Pragmatiker. Doch Radkau zeigt: Auch dies war nur ein "schönes Märchen", in Wahrheit überschlugen sich auch in Adenauers Zukunftsängsten die Horrorszenen. Doch selbst darin lag keine Konsistenz, gelegentlich brach bei ihm auch ein geradezu waghalsiger Optimismus durch: Gegenläufig zur berühmten Wahlkampfdevise von 1957, "Keine Experimente!", ging er zum Beispiel beim Generationenvertrag der Rentenversicherung im selben Jahr von der gewagten Hypothese aus, dass der Wirtschaftsaufschwung dauerhaft anhalten und die Zahl der Nachkommen immer weiter wachsen würde. Das rächt sich heute.

Was Radkau bietet, ist eine eklektische Geschichte der Bundesrepublik Deutschland auf ausgesuchten Politikfeldern: von der Deutschland- über die Agrar- und Atompolitik bis hin zur Bildungs-, Arbeits- und Umweltpolitik. Unter dem Aspekt der zeitgenössischen Zukunftsentwürfe erscheinen sie durchweg als eine Kette von - meist misslungenen - Umsetzungen anders gemeinter Vorhaben, von verpassten Chancen und überraschenden Wendungen. Das ist insofern lehrreich, als es die Fülle geglaubter und tatsächlicher Alternativen, von zeitgenössischen Wünschen und Ängsten aufdeckt. Aber die Erzählung verliert sich dabei in unendlichen Details, die Zukunftsaspekte addieren sich nur selten zu größeren epochalen Erscheinungen.

Eine innere Konsistenz gewinnt diese Zukunftsgeschichte nur dort, wo die Zukunft und ihre Vorhersagbarkeit selbst verhandelt wird: so zum Beispiel in den Debatten um die Futurologie der sechziger Jahre, um die drohende "Bildungskatastrophe" und die Umweltpolitik seit den Siebzigern. Hier verdichtet sich die politische Zukunftsdebatte zum Metadiskurs mit eigenen Regeln und Erfolgskriterien.

Wo die Zukunft als solche für die Zeitgenossen zum Problem wurde, ist sie mehr als eine anthropologische Konstante, die man überall und jederzeit antrifft. In Radkaus grenzenloser Sammlung wird dies allerdings nicht deutlich, weil er vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen kann. Wozu nützt ein solches Buch? Zweifellos ist es gut geschrieben und unterhaltsam zu lesen, voller Anekdoten und unbekannter Detailinformationen. Auch für den Schulunterricht fällt etwas ab.

Aus dem Blickwinkel vergangener Zukunftshorizonte gesehen, ist die damalige Gegenwart spannender, als sie im Nachhinein erscheint, sagt Radkau, ein Füllhorn voller Zufälle, Überraschungen und Unvorhersehbarkeiten. Doch die Hauptbotschaft bleibt doch immer dieselbe: Vergangene Akteure besaßen in der Regel kein Wissen von der Zukunft. So dient die historische Zukunftsforschung vor allem zur Bescheidenheitsübung. Der Historiker soll sich nicht auf eingeschliffene historische Legenden verlassen, er soll immer wieder neu hinschauen, im Detail erkunden, dass die Dinge ganz anders waren als gelernt oder erwartet. Radkaus Kritik an der plumpen Besserwisserei der Nachgeborenen hat zwar selbst etwas Besserwisserisches. Aber er ist klug genug, sich selbst auch immer wieder unter die Opfer falscher Zukunftsvoraussagen einzureihen.

Ursprünglich wollte er das Buch "Im Zickzack der Geschichte" nennen, schreibt Radkau. Doch eigentlich ist selbst das Bild des Weges, den Blitze und Schmetterlinge nehmen, noch zu euphemistisch: Denn ein Vorwärts, eine wenigstens dialektische Bewegung in die Zukunft hinein, gibt es in Radkaus Darstellung nicht. Die Geschichte stellt sich bei ihm mehr als Aberwitz, als Groteske dar. Vielleicht hätte es besser heißen sollen: "Vom Hüh und Hott der Geschichte".

LUCIAN HÖLSCHER

Joachim Radkau:

"Geschichte der Zukunft". Prognosen, Visionen,

Irrungen in Deutschland von 1945 bis heute.

Carl Hanser Verlag,

München 2017. 544 S., geb., 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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""Zukunft der Geschichte" ist ein immenser Fundus vergangener Fehlprognosen. Radkau geht es aber nie um die hämische Lust an der retrospektiven Besserwisserei, sondern um den Verweis auf historische Alternativen, auf mögliche Zukünfte. Zukunftsgeschichte hat eine Zukunft, vor allem dann, wenn es kritische Analyse, historisches Detailwissen und Phantasie um die Gegenwart verbindet." Michael Knoll, Intellectures, 04.03.18

"Es kommt immer anders, als man denkt, und hinterher ist man klüger. Diese alten Weisheiten bestätigt Joachim Radkau in seiner Geschichte der Zukunftsvisionen seit 1945 kenntnisreich." Beat Bumbacher, Neue Zürcher Zeitung, 24.08.17

"Zweifellos ist es gut geschrieben und unterhaltsam zu lesen, voller Anekdoten und unbekannter Detailinformationen." Lucian Hölscher, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.17

"Die Zukunft ist, zumal in Zeiten rasant fortschreitenden Wissens, nicht zu prophezeien. Wer dafür Beweise braucht, findet sie bei Joachim Radkau dutzendfach. ... Joachim Radkau diagnostiziert in seinem erhellenden Buch eine 'Zickzack-Bewegung der Automatisierungs-Zukünfte' und macht darauf aufmerksam, dass sich die Leitmotive des zugehörigen Diskurses bis heute wiederholen." Claudia Mäder, NZZ Bücher am Sonntag, 26.02.17

"Radkau ist ein unheimlich eloquenter und unheimlich belesener Autor. (...) Dieses Buch ist eine ziemlich erstaunliche und aufregende Lektüre. Es macht Spaß, zurückzugucken, wo wir uns alle geirrt haben und wo wir in den letzten siebzig Jahren geglaubt haben, es gehe in ganz andere Richtungen. Ein erstaunliches Werk." Johannes Kaiser, SWR2 "Forum Buch", 19.02.17

"Ein kluges und äußerst amüsantes Geschichtsbuch über die Visionen und Irrungen in Deutschland zwischen 1945 bis heute. Eine wunderbare Watschen für alle Apokalyptiker." Norbert Haberger, BR Capriccio, 16.02.17

"Ein ungewöhnlicher Blick auf die Geschichte. (...) Dabei zeichnet Joachim Radkau nicht nur große Debatten nach, sondern erlaubt lesenswerte Einblicke auf die Hinterbühnen der Agrar- und Industrieverbände, Ausschüsse, Lobbyisten und Beraterstäbe." Frank Kaspar, Deutschlandradio Kultur "Buchkritik", 08.02.17

"Ein Geschichtswerk, das perfekt in die Gegenwart passt: ins Zeitalter der Fehlprognosen und der Hysterie. Ein Anti-Besserwisser-Buch." Tobias Becker, Literatur Spiegel, 2/2017

"Radkau sammelt, rekonstruiert und interpretiert dabei nicht nur visionäre Entwürfe von Vordenkern und Science-Fiction-Autoren - wie es manche vergleichbaren Werke der Zukunftsforschung tun. Vielmehr beschreibt er die Vorstellungen von Politikern und Ökonomen, sucht nach Zukunftsvisionen in Presseartikeln, und nach den ganz alltäglichen, kleinen Ängsten und Hoffnungen der Menschen. (...) Radkaus essayistisch formulierte Gedanken bilden den roten Faden durch diese Zukunftsgeschichte der BRD." Wolfgang Luef, Süddeutsche Zeitung, 30.01.17

"Eine interessante Lektüre. Plötzlich entdeckt der Leser überraschende Wendungen bei altbekannten Themen, die die Geschichte der Bundesrepublik noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen." Stefan Maas, Deutschlandfunk "Andruck", 30.01.17

"Ein lesenswertes Buch. (...) Wer eine Geschichte der technischen Utopien sucht, findet hier eine spannende Lektüre." Alan Posener, Die Welt, 28.01.17

"Atomtod, Bildungskatastrophe, Siegeszug des Sozialismus, Waldsterben - Joachim Radkau hat aus den abgelegensten Quellen zusammengetragen, welche Prognosen, Visionen und Irrungen in Deutschland seit 1945 die Zukunftserwartungen bestimmt haben, in Ost und West. (...) Die Lieblingszutaten in dieser Geschichte sind die Ironie, das Unverfügbare, das Offene, das Paradox. Und Radkaus Lieblingsgegner ist die große Meistererzählung von der einen Historie." Elisabeth von Thadden, Die Zeit, 16.02.17
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