- 100 Jahre Kommunistische Partei Chinas am 23. Juli 2021
- Das neue Standardwerk zur modernen Geschichte Chinas
- Von der gedemütigten Halbkolonie zur globalen Supermacht - Chinas Weg in die Moderne
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Was sich aus der Geschichte lernen lässt
Wo steht Peking? Während der Westen infolge des Angriffs auf die Ukraine umfangreiche Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht hat, hält sich die chinesische Führung weiter zurück, laviert, versucht, sich zumindest öffentlich nicht glasklar auf eine Seite zu schlagen. Wie sich das Land in Fernost positioniert, ist natürlich wichtig - weil es wenigstens theoretisch in der Lage wäre, wirtschaftlich (und militärisch) erhebliche Hilfe zu leisten.
Bekanntlich reicht das Interesse daran, wie sich China verhält, funktioniert und weiterentwickeln wird, indes weit über den jüngst begonnenen Krieg in der Ukraine hinaus. Einerseits hat das Land in den zurückliegenden Jahrzehnten einen beispiellosen ökonomischen Aufstieg hingelegt, ist nach mancher Berechnungsmethode inzwischen die größte Volkswirtschaft der Welt, hat als einziger Staat Internetunternehmen hervorgebracht, die sich mit den amerikanischen Tech-Konzernen messen können, ist in Künstlicher Intelligenz, den Quantentechnologien oder der Genetik Weltklasse. Andererseits regiert weiterhin die Chinesische Kommistische Partei mit harter Hand, haben die Verantwortlichen ein Überwachungssystem entwickelt, das seinesgleichen sucht, und haben sich viele im Westen gehegte Hoffnungen (bislang) nicht erfüllt, dass mit wachsendem Wohlstand auch demokratische Elemente zunehmen.
Woran liegt das? Wie ist China zu dem geworden, was es heute ist? Der Historiker und Sinologe Klaus Mühlhahn hat ein überaus lesenswertes Buch geschrieben, das die Geschichte des Riesenreiches vom Beginn der Qing-Dynastie im 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart schildert, einordnet und politisch, wirtschaftlich und kulturell begreifbar macht. Mühlhahn analysiert auf verschiedenen Ebenen, anhand von konkreten Ereignissen, dem Verhältnis Chinas zu anderen Ländern, ganz wesentlich aber auch mit Blick darauf, wie sich Institutionen im weitesten Sinne herausgebildet und unter unterschiedlichen Herausforderungen bewährt haben - etwa der Beamtenapparat und dessen Auswahl oder die Struktur der regionalen und lokalen Verwaltung im Zusammenspiel mit dem Kaiser. Er erläutert eingehend, wie und wieso China im 19. Jahrhundert darunter litt, von einer einstigen technologisch-wirtschaftlichen Führungsposition merklich hinter Europa und die Vereinigten Staaten zurückgefallen zu sein, Kriege gegen Europäer und Japan verlor, besetzt wurde, wie die Führung versuchte, ihren Verfall aufzuhalten, welche Reformideen es gab, warum sie scheiterten, den Bürgerkrieg, den Aufstieg Mao Tse-tungs, die Hinwendung zur Marktwirtschaft unter Deng Xiaoping bis schließlich zum Wandel unter dem amtierenden Parteivorsitzenden Xi Jinping.
Mühlhahn klärt auf im besten Sinne über ein Land, dass uns geographisch fern ist, aufgrund seiner vielfältigen Bedeutung zugleich jedoch unmittelbar angeht. Er beschönigt und verharmlost nichts, erschließt aber gerade dadurch auch immer wieder, welche historisch begründeten Ängste sehr sicher hinter Entscheidungen stehen, die bis heute in Peking getroffen werden. Zu guter Letzt ist das Buch auch eine gelungene Warnung, die über China hinausreicht: Dass lange bewährte Strukturen veralten, benachteiligen oder zu Schwäche führen können, ist ein Phänomen, das sich natürlich nicht auf China beschränkt. ALEXANDER ARMBRUSTER
Klaus Mühlhahn: Geschichte des modernen China: Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart. C.H. Beck, München 2021, 760 Seiten, 40 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
"ein überaus lesenswertes Buch"
FAZ, Alexander Armbruster
"Mühlhahn hat mit seiner Geschichte des modernen China ein glänzendes Buch geschrieben, an dem Interessierte auf Jahre hinaus nicht vorbeikommen werden. Und das in jedem Regal stehen sollte, ob einer Hochschul- oder privater Bibliothek." Der Standard
"Das große Rätsel der chinesischen Geschichte ist, wie ein Imperium (...) binnen weniger Jahrzehnte zum "kranken Mann von Asien" degenerieren konnte - und im Grunde bis heute damit beschäftigt ist, den Rückstand zum Westen wettzumachen. Klaus Mühlhahn geht dem in seiner Historie des modernen China nach, bedenkt dabei ökonomische wie kulturelle Faktoren und zeigt: China war nie so schwach, wie es schien." WELT am Sonntag
"Mühlhahn zeichnet Reformen, Revolutionen und Kriege durch die Linse der Institutionen nach und widerlegt dabei oft westliche Vorstellungen wie etwa die von der als monolithisch charakterisierten chinesischen Bürokratie. Er warnt außerdem davor, Chinas wirtschaftlichen Erfolg als Beweis für einen einzigartigen Weg zu sehen, ohne ihn in einen historischen Kontext zu stellen."
The New Yorker
"Wir leben im Jahrhundert Chinas. Seine Geschichte kennen wir kaum. Mit diesem Standardwerk lässt sich das ändern." Die literarische WELT, Richard Kämmerlings
"Mühlhahn zeichnet Reformen, Revolutionen und Kriege durch die Linse der Institutionen nach und widerlegt dabei oft westliche Vorstellungen wie etwa die von der als monolithisch charakterisierten chinesischen Bürokratie. Er warnt außerdem davor, Chinas wirtschaftlichen Erfolg als Beweis für einen einzigartigen Weg zu sehen, ohne ihn in einen historischen Kontext zu stellen."
The New Yorker
"Eine große Leistung...(Dieses Buch) ist mit Klarheit und Menschlichkeit geschrieben und schöpft erkennbar aus einem breiten Spektrum jüngster Forschung... Mühlhahns Buch kann wärmstens empfohlen werden."
American Historical Review
"Innovativ und erfrischend (...) Dank Mühlhahns gekonnter Darstellung dürfte sich dieses Buch großer Beliebtheit erfreuen."
H-Net Reviews
"Mühlhahn bietet eine detailreiche, ausgewogene Darstellung der Geschichte des modernen China, angefangen vom Aufstieg der Qing-Dynastie im frühen 17. Jahrhundert bis hin zum Regierungsantritt von Xi im Jahre 2012 (...) Eine meisterhafte Synthese."
Choice
"China, griffig erklärt. ... Ebenso prägnant gedacht wie geschrieben."
NZZ Geschichte, Daniel Di Falco