Gesundheit und Religion werden heute in einer Selbstverständlichkeit verbunden, die in den zurückliegenden Jahrhunderten nicht zu beobachten war. Die Verknüpfung von Heilung und Heil, sowie die Erschließung von Spiritualität als Gesundheitsressource können als beginnende Orientierungswende in Kultur und Gesellschaft interpretiert werden.Denn das gesetzlich geordnete Gesundheitssystem in seiner biomedizinischen Ausrichtung, seiner am Versicherungsprinzip orientierten Leistungserbringung und einer generellen Erwerbsorientierung wird in seiner Wirksamkeit kritisch befragt. Gleichzeit zeigt sich darin die Suche nach einer alternativen Lebensführung, in die weitergehende Fragen nach der Sinnhaftigkeit individueller, beruflicher und gesellschaftlicher Lebensordnungen eingeschlossen sind. Insofern kann Gesundheit als Chiffre für die Reflexion über das gute und gelingende Leben des Einzelnen und der Gesellschaft und als Widerstand gegen bestimmende gesellschaftliche Leitvorstellungen und ökonomische Rahmenbedingungen gedeutet werden.Das Paradigma der Gabe ist geeignet, die Alternativen zu erfassen, die angesichts der Grenzen unserer wohlfahrtstaatlichen Ordnung zur Entscheidung anstehen: Kann individuelle und kollektive Gesundheit aus einer Tauschbeziehung hervorgehen? Soll also die Gabe des Geldes die Gesundheitsleistung begründen und die Basis solidarischen Handelns bilden? Oder prägt nicht vielmehr die Erfahrung heilsamen in-der-Welt-Seins, das seinen Grund in der vorauslaufenden, absichtslos geschenkten Gabe hat, eine spirituelle Lebensgestalt?