[...] Zu allen Zeiten haben Verhaltenskodizes oder, moderner ausgedrückt, Gesetzestexte das Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen einer Gesellschaft zu regeln versucht. Dabei zeigen Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens die Eigenart, reaktiv zu sein, d.h. sie werden erlassen, wenn bestimmte Um- oder Mißstände in einer Gesellschaft ihre Existenz notwendig machen. Während der alttestamentarische Gesetzestext es sich noch leisten konnte, in einer relativ überschaubaren Gesellschaft das konkrete Problem der "Altenmißhandlung" dezidiert anzusprechen, kann eine Verfassung wie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland das nicht mehr tun - zu komplex sind die einzelnen Bereiche des täglichen Zusammenlebens geworden, weshalb die textliche Fassung eine "Helikopter-Perspektive" einnehmen muß. Trotzdem - oder gerade deswegen - muß auch in der Gegenwart an unsere "aufgeklärte" Gesellschaft die Frage gestellt werden: Gewalt gegen ältere Menschen - ist das ein Thema? In den Medien wird in eher unregelmäßigen Abständen über Gewalt an alten Menschen berichtet. Trotzdem ist das Bild, daß wir von dem Problemkomplex "Gewalt gegen alte Menschen" haben, hauptsächlich von den Medien geprägt. Außenstehende, die nur wenig Einblick in die Realität und Bedeutung der Pflege eines alten Menschen haben, reagieren auf solche Berichterstattung mit Recht entsetzt. Dank eines allmählichen Umdenkens in der Bevölkerung und verstärkter Kontrollen durch den Medizinischen Dienst wird vermehrt Gewalthandeln aufgedeckt und wenn möglich rechtlich verfolgt. Doch sind nicht Begriffe wie Rentnerlawine, Generationenkonflikt und Überalterung schon Diskriminierungen alter Menschen, die unsere Altersbilder beeinflussen und der Gewalt Vorschub leisten? Nicht jede Art der Gewalt läßt sich in strafrechtliche Definitionen fassen. Deshalb wird sich diese Arbeit zuerst mit den verschieden Formen von Gewalt beschäftigen müssen. Danach werde ich aufzeigen, durch welche Bilder innerhalb der Gesellschaft unser Denken über alte Menschen geprägt ist. Zur Zeit befinden sich ca. eine halbe Million alte Menschen in stationärer Pflege und ca. 1,2 Millionen Pflegebedürftige werden zu Hause gepflegt. Im Laufe der nächsten Jahre werden diese Zahlen aufgrund des demographischen Wandels stark ansteigen. [...]
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