Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Universität Regensburg (NDL), Veranstaltung: Einführung in die Neuere Deutsche Literaturwissenschaft am Beispiel Büchners, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit den Dramenfragmenten des „Woyzeck“ liegt der Nachwelt das letzte Werk Georg Büchners vor, das dieser mit Sicherheit zwischen Herbst 1836 und Januar 1837, seinem Todesjahr, verfasst hat. Ludwig, Georgs Bruder, gibt im Jahre 1850 die „Nachgelassenen Schriften“ heraus, jedoch ohne „Woyzeck“. 1879 wurde dieses Werk dennoch veröffentlicht. Karl Emil Franzos, der es in dessen erster kritischer Gesamtausgabe von Büchners Werken aufgenommen hat, musste sich jedoch mit der eher konservativ gesinnten Verwandtschaft Georg Büchners auseinandersetzen. Insbesondere sein Bruder Ludwig wollte das Andenken seines Bruders, welches er durch einige Passagen, die er als vulgär bezeichnete, gefährdet sah, schützen.1 Anhand des Briefes, den Georg Büchner am 28. Juli an seine Familie geschrieben hat, verdeutlicht er den Bruch in seinen Werken mit der Gesinnung eines großen Teiles des damaligen Besitzbürgertums und den zu dieser Zeit herrschenden Vorstellungen von einem Drama. In diesem Dokument definiert er sein Bild eines dramatischen Dichters als eine Art Geschichtsschreiber, der die Geschichte zum zweiten Mal lebendig werden lässt und den Zuschauer unmittelbar und ohne Exposition und Erklärung in das Geschehen hineinversetzt. Auch damals war der Schriftsteller wohl von gewissen Marktstrategien und Zielgruppen gelenkt. Büchner reagiert auf solche Tendenzen, indem er fordert, ein: „. Buch darf weder sittlicher noch unsittlicher sein als die Geschichte selbst; aber die Geschichte ist vom lieben Herrgott nicht zu einer Lektüre für junge Frauenzimmer geschaffen worden...“.2 Auch soll der Dichter kein Lehrer der Moral sein, vielmehr soll er den Leser fesseln und ihn in die Gefühlswelt einer selbst gewählten Gestalt hineinversetzen. Eine Idealisierung der Welt lehnt er in seinem Brief ebenfalls ab, da er nichts „...besser machen will als der liebe Gott, der die Welt gewiss gemacht hat, wie sie sein soll...“.3 Diese Kunstauffassung des Autors des Werkes „Woyzeck“ zu kennen ist unumgänglich, um den Text mit den Augen des Lesers wie auch mit denen des Urhebers sehen und verstehen zu können. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es ein Anliegen Büchners, die mögliche Unzurechnungsfähigkeit eines Menschen in geeigneten Stoff zu packen. Als historische Quelle dienten ihm die Gutachten des Hofrats Dr. Johann Christian Clarus, der den Fall des Johann Christian Woyzeck untersucht hat. [...]