Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Orientalistik / Sinologie - Islamwissenschaft, Universität Bern, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Frage nach dem Ursprung und Charakter der kausalen Verknüpfungen ist eine der zentralsten Fragen der klassischen islamischen Theologie. Sie ist deswegen so zentral, weil sie ausschlaggebend für Vorstellungen von einem allmächtigen Gott und von Reichweite und Grenzen seiner Allmacht ist. Die 'aS'aritischen Theologen haben in Auseinandersetzung mit den Lehren der Mütazila ein Denksystem entwickelt, das als islamischer Okkasionalismus bekannt geworden ist. Diesem Okkasionalismus zufolge wird alles, was in der Zeit erschaffen worden ist, von Gott zu jedem Augenblick neu erschaffen. Was als kausale Ursache von etwas anderem erscheint, ist in der Tat nur eine Folge von der Gewohnheit Gottes in seiner Erschaffung.1 Die islamischen Philosophen, die sich der aristotelischen Philosophie verschrieben hatten, sahen in der Welt eine gesetzmässige innere Ordnung, die nicht mehr veränderbar ist. Die Dinge in der Welt besitzen eine eigene Natur, von der aus sie mit Notwenigkeit auf andere Dinge einwirken und auf sie reagieren. Gott ist die erste Ursache der Welt und die gesamte Existenz geht aus Seinem Wissen mit Notwendigkeit hervor. Die kausalen Verknüpfungen sind die sekundären Ursachen; sie sind notwendig und entziehen sich der Kontrolle Gottes. Die Verpflichtung zu dieser Philosophie hatte zor Folge, dass sie die im Koran erwähnten Prophetenwunder, die nicht mit uns bekannten Naturgesetzen erklärbar waren, entweder verleugneten oder sie allegorisch interpretierten. Das siebzehnte Kapitel von Gazali stellt eine Stellungnahme eines Gelehrten, der neben seiner Hauptschulung in ¿aS¿aritischer Richtung auch tiefgründige Kenntnisse in anderen Disziplinen vorwies, zu der Frage nach den kausalen Verknüpfungen. Gazali verleugnet hier den notwendigen Charakter der kausalen Verknüpfung in der Natur - oder zumindest jene Version der islamischen Philososphen, die er im Visier hat - mit der Begründung, dass eine solche Notwendigkeit in der Natur die göttliche Allmacht mit Einschränkungen versieht. Dies geschieht v.a. dann, wenn die Wunder, die im Koran erwähnt werden, durch Philosophen entweder dem gewöhnlichen Verlauf der Naturgesetze entsprechend umgedeutet oder wenn dies nicht machbar ist, allegorisch interpretiert werden. == 1 vgl. Fakhry, Majid: "Islamich Occasionalism and its Critique by Averroes and Aquinas". London, 1958. S.22-55.
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