Ginsterburg – Chronik des Untergangs
Auch in Ginsterburg, einer Stadt mitten in Deutschland, stellten sich die Menschen rasch um, als 1935 die Machtergreifung erfolgte. Einige versuchten von den neuen Verhältnissen zu profitieren, andere litten darunter und nicht wenige verhielten sich
gleichgültig. Diese Gleichgültigkeit wird 1940, als der Krieg ausbricht, zu gegenseitigem Misstrauen. Das…mehrGinsterburg – Chronik des Untergangs
Auch in Ginsterburg, einer Stadt mitten in Deutschland, stellten sich die Menschen rasch um, als 1935 die Machtergreifung erfolgte. Einige versuchten von den neuen Verhältnissen zu profitieren, andere litten darunter und nicht wenige verhielten sich gleichgültig. Diese Gleichgültigkeit wird 1940, als der Krieg ausbricht, zu gegenseitigem Misstrauen. Das Schicksal der Zirkusleute und der Wahrsagerin Zola sowie des jüdischen Zeitungsverlegers Landauer scheinen vorbestimmt, als Blumenhändler Gürckel plötzlich Kreisleiter wird, Papierfabrikant Jungheinrich das Geschäft seines Lebens macht, Arzt Hansemann bei der SS auf Karriere hofft, Buchhändlerin Merle ihr Sortiment ändern muss, ihr Sohn Lothar zu ihrem Leidwesen zu den Kampfpiloten geht und Eugen, Kriegsveteran und Reporter der Ginsterburger Lokalzeitung, seine Gedanken nicht mehr zu Papier bringen darf. Zunächst jedoch geht das Leben wie gewohnt weiter, der Krieg ist weit entfernt, bis er 1945 auch in Ginsterburg erbarmungslos zuschlägt …
Arno Frank, geb. 1971 in Kaiserslautern, ist ein deutscher Schriftsteller und Journalist. Er studierte Kunstgeschichte und Philosophie und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Frank arbeitet als freier Journalist und Essayist für diverse Zeitungen und Magazine und schreibt seit 2017 Romane. Er lebt mit seiner Frau, einer Denkmalpflegerin, und den beiden gemeinsamen Töchtern in Wiesbaden.
Dem Autor ist es ausgezeichnet gelungen, anhand einer fiktiven deutschen Stadt und einiger unterschiedlicher Charaktere die historischen Ereignisse während der NS-Zeit und des II. Weltkriegs wieder aufleben zu lassen. In seiner bildhaften Sprache berichtet er vom Alltag der Menschen, von ihren Sorgen und Nöten, von ihren Hoffnungen und Wünschen, von anfänglich heimlichem Widerstand und von gedankenlosen Mitläufern. Wir lesen von Menschlichkeit in diesen unmenschlichen Zeiten, von beginnenden Freundschaften und von aufkeimender Liebe.
Anfangs ist das Geschehen sehr verwirrend, viele Personen und kurze Ereignisse bevölkern die Seiten. Hat man sich jedoch erst einmal eingelesen, was auch durch einige Vor- und Rückblenden erschwert wird, dann wird es wirklich zum Lesegenuss. Die Geschichte entwickelt einen Sog, dem man sich nicht mehr entziehen kann. Im Querschnitt der Gesellschaft erleben wir Nationalsozialismus, Antisemitismus, Patriotismus und Heldenverehrung mit all seinen unheilvollen Auswirkungen und erschreckenden Parallelen zur unmittelbaren Gegenwart. Eine Geschichte, die dank ihrer eindringlichen Sprache unter die Haut geht und noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Fazit: Ein großartiger Roman über Freundschaft, Zusammenhalt und Menschlichkeit in harten und brutalen Zeiten. Sehr lesenswert!