"Vielleicht hätten wir ihn doch nicht retten sollen. Vielleicht hätten wir ihn und diese Spionin einfach ausliefern sollen. Unsere ostdeutschen Freunde wären uns sehr dankbar gewesen", sagte er und versuchte mit dem Blick den Rauch einzufangen, der zur Decke hinaufschlich. "Aber vielleicht können wir unseren Fehler noch korrigieren." Das Kind wächst während des Kalten Krieges in einem osteuropäischen Land auf, als Fremder von seinen Mitschülern gehänselt und von der Staatsmacht schikaniert. Es gibt vieles, was das Kind nicht verstehen kann und auch nicht verstehen soll. Um damit fertig zu werden, zieht es sich in seine Sprache zurück, die nur es selbst und die Mutter einschließt. Es verwandelt alles in Geschichten und schafft so aus Bedrohlichem Interessantes, aus Ungewissem Vertrautes. Mit der Zeit gewinnt das Kind immer mehr Sicherheit mit seinen Geschichten und somit auch mit einer Realität, die die Menschen mit hohlen Phrasen und absurden Regeln gängelt. Nach und nach erkennt das Kind, wie viel Macht im Erzählen liegt. Für den vorliegenden Roman wurde Karl Rühmann 2015 mit dem Werkjahr der Stadt Zürich ausgezeichnet.