Im Judentum zeichnet sich, wie Michael Tilly zeigt, Abraham als Projektionsfläche ab: Die Texte über Abraham verraten mehr über die Menschen, die sie geschrieben und gelesen haben, als über die geschichtliche Gestalt. Die ältesten unter ihnen sind frühestens in der frühen Königszeit fixiert worden, also am Ende einer viele Jahrhunderte überspannenden Überlieferung. Abraham wird als literarische Figur zur Identifikationsgestalt, nicht als historische Person. Das zeigt sich gerade im Exil, wo Abrahams unmittelbares Gottesverhältnis als Gegenbild zum Kult hervortritt, der in der Zerstörung des Tempels sein Ende gefunden hat. In der außerbiblischen jüdischen Literatur wird einerseits Abrahams vorbildliche Glaubenstreue, sogar sein Gehorsam gegenüber dem Gesetz (das Mose ja erst später empfängt) herausgestellt, andererseits eröffnet gerade seine reine Gotteserkenntnis Perspektiven für einen Dialog zwischen Judentum und Hellenismus. - Es kann auf diesem Hintergrund nicht überraschen, wenn sich im Neuen Testament ein Streit um Abraham abzeichnet. (Aus dem Vorwort von Ernstpeter Maurer)
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