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Sigrid Damm erzählt die aufregende, an Widersprüchen, Höhen und Tiefen, persönlichen und politischen Wechselfällen reiche Geschichte der über fünfzigjährigen Freundschaft zwischen Goethe und dem Weimarer Herzog Carl August. Vom 15. Juni an, dem Tag, als Goethe die Nachricht vom Tod des Freundes erhält, wird in Rückblenden die Lebenszeit der beiden durchwandert. Goethe spricht von ihrer innigsten Seelenverbindung. Doch es kommt immer wieder auch zu Differenzen, vor allem politischen. Carl August, der Napoleon-Hasser; Goethe, der Napoleon-Bewunderer und von dem Franzosen hofiert. Goethes Skepsis…mehr

Produktbeschreibung
Sigrid Damm erzählt die aufregende, an Widersprüchen, Höhen und Tiefen, persönlichen und politischen Wechselfällen reiche Geschichte der über fünfzigjährigen Freundschaft zwischen Goethe und dem Weimarer Herzog Carl August.
Vom 15. Juni an, dem Tag, als Goethe die Nachricht vom Tod des Freundes erhält, wird in Rückblenden die Lebenszeit der beiden durchwandert. Goethe spricht von ihrer innigsten Seelenverbindung.
Doch es kommt immer wieder auch zu Differenzen, vor allem politischen. Carl August, der Napoleon-Hasser; Goethe, der Napoleon-Bewunderer und von dem Franzosen hofiert. Goethes Skepsis gegenüber den liberalen Bestrebungen seines Fürsten, vor allem im Hinblick auf die Preßfreiheit; von Preßfrechheit spricht er da. Während der Demagogenverfolgung in der düsteren Zeit der Restauration, als Carl August unter der Einschränkung seines Handlungsspielraums leidet, bekundet Goethe jedoch offen Solidarität mit ihm.
Das Buch erzählt – wie stets bei Sigrid Damm auf der Grundlage akribischer Recherchen erarbeitet – von einer einzigartigen lebenslangen Freundschaft zwischen zwei an Beruf und Berufung, an Temperament, Ausstrahlungskraft und Charakter so unterschiedlichen Menschen, einem schöpferischen und einem Tatmenschen, einem Dichter und einem Politiker; von einer Freundschaft, die für die deutsche Literatur folgenreich war, indem Carl August Goethe den Raum zur Schaffung seines großen Werkes gab; ohne seine Existenz würden wir nicht von Weimar als dem Ort der deutschen Klassik sprechen.

»… Er war mir August und Mäcen. Niemand braucht ich zu danken als ihm …« (Goethe über Carl August)
»… der Mich ... in allen Wechselfällen des Lebens begleitet hat ... dessen umsichtigem Rath, dessen lebendiger Theilnahme und stets wohlgefälligen Dienstleistungen Ich den glücklichen Erfolg der wichtigsten Unternehmungen verdanke.« (Carl August über Goethe)


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Autorenporträt
Sigrid Damm, in Gotha/Thüringen geboren, lebt als freie Schriftstellerin in Berlin und Mecklenburg. Die Autorin ist Mitglied des P.E.N. und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur. Sie erhielt für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Feuchtwanger-, den Mörike- und den Fontane-Preis.

Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensent Harro Zimmermann scheint sich an den Weimarer Hof zurückzusehnen nach der Lektüre von Sigrid Damms Buch über Carl August und Goethe. Wie der Großherzog und sein Beamter zwischen Zank und Zuneigung hin- und hergerissen Spannungen und Widersprüche austrugen, eine besondere Beziehung zwischen Geist und Macht zelebrierten, vermittelt ihm die Autorin mit gründlicher Recherche und mit Sachkenntnis, geradlinig erzählt. Goethes Verärgerung über die Großmannssucht seines Dienstherren, Carl Augusts Groll über Goethes bildungspolitische Haltung werden für Zimmermann kenntlich und erscheinen im Vergleich zur politischen Gegenwart dennoch auch kostbar.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.12.2020

Der Dichter und
sein Herzog
Mit scharfem Blick: Sigrid Damm
über Goethe und Carl August
Die deutsche Geschichte hat zwei Herr-Knecht-Beziehungen hervorgebracht, die eine vergleichende Beschreibung unter den Gesichtspunkten Hegels verdienten: Bismarck und Kaiser Wilhelm und davor Goethe und Herzog (später Großherzog) Carl August. In beiden Fällen entwickelte sich eine gegenseitige Abhängigkeit, die allmählich zur Umkehrung der hierarchischen Verhältnisse führte, bei Wahrung der äußeren Formen. Im Fall von Goethe und seinem Herzog war die Beziehung zusätzlich dadurch verkompliziert, dass es sich um eine Freundschaft handelte.
Der alte Goethe empfing in seinem Weimarer Palais fast täglich Besucher aus aller Welt. Orden fremder Souveräne regneten ins Haus. Als Ludwig I. von Bayern ihm ein Großkreuz überreichen wollte, bat Goethe um Genehmigung: „Ich darf wohl hoffen, dass Eure Königliche Hoheit mir Höchstihre landesherrliche Erlaubnis zur Annahme und Anlegung dieses unschätzbaren Beweises der Huld seiner Majestät in Gnaden erteilen werden.“ War das schon Parodie oder gerade noch Rollenprosa – mit dem fast unzarten Verweis: Du, mein Herr, bist königliche Hoheit, ich aber, dein Knecht, werde von Majestäten dekoriert? Carl August unterlief das Spiel: „Alter Kerl, schwatz doch nicht so dummes Zeug.“
Sigrid Damms Buch über die „Wechselfälle der Freundschaft“ von Carl August und Goethe ist voll solcher hintergründiger Szenen. Die Autorin, die an diesem Montag achtzig Jahre alt wird, ist Spezialistin für die komplizierten Nahverhältnisse um Goethe. Mit feinem Gehör lauscht sie dem Quellenmaterial verschwiegene Konflikte, ungelöste Spannungen, die Enttäuschungen und die Momente der Erfüllung ab. Dieses Gehör hat Damm ihren weiblichen Heldinnen abgelernt, den drei wichtigsten Frauen in Goethes Leben: seiner Schwester Cornelia, seiner Frau Christiane und seiner Geliebten Charlotte von Stein.
Ihren Beziehungen zu Goethe widmete sie tiefblickende Bücher, die soweit wie möglich die Perspektive der Frauen einnehmen. Am beeindruckendsten gelang dies bei Christiane. Wenn die Nachwelt die poetische Fruchtbarkeit von Goethes Liebe zu Marianne von Willemer feierte, vergaß sie, dass da in Weimar eine Ehefrau saß, die sich verzweifelt nach ihrem Mann sehnte und die monatelang nicht einmal Briefe bekam. Zugleich war Damm klug genug, hier keine feministische Opfergeschichte zu schreiben: Sie zeigt zwei Menschen, die einander viel schuldig geworden sind.
Sigrid Damm ist eine kluge Erzählerin, die die Lücken der Überlieferung sichtbar macht und erst danach fragend mit Einfühlung zu schließen versucht. Diese Kunst übt auch ihr neues Buch, das, mehr als ihre früheren, von einem untergründigen Humor durchzogen ist. Den verdankt sie vor allem dem Weimarer Herzog, der ein guter Typ war. Er war liberal im ursprünglichen fürstlichen Sinn und wusste trotz vieler Konflikte seinen genialen Freund und Diener zu nehmen. Damm entfaltet das kompositorisch anspruchsvoll nicht in linearer Chronologie, sondern mit Rückblicken vom Ende her. Das erlaubt ihr, Schwerpunkte zu setzen, die Ödnisse der Verwaltungsarbeit Goethes knapp zu halten und auch den kriegsgeschichtlichen Teil nur anzudeuten. So kann sie die amtliche Seite der Beziehung als Medium der Freundschaft behandeln, ohne sich allzu sehr aufs sachliche Detail einzulassen.
Wie kunstvoll dieser Wechsel von Ausführlichkeit und Andeutung, das Hin und Her in der Chronologie ist, können wohl nur Kenner des enormen Materials ermessen. Heitere Entdeckungen dabei: Einen Teplitzer Badesommer lang hofierten Goethe und der Großherzog die gleiche Wiener Hofdame. Als diese Goethe zu bevorzugen schien, sandte Carl August ihr ein Schächtelchen mit dem „Kadaver Goethes“ und schwärzte „Dichtung und Wahrheit“ als „Quasi-Lebensgeschichte“ an – hat er da übrigens nicht recht?
Wir sehen den Dichter als Minister, wie er bei einem Staatsakt Konkurrenten „wegrudert“, um vorne zu stehen; wir sehen den Tausch der politischen Positionen zwischen den Freunden: Im Atheismus-Streit um Fichte möchte Goethe den angeklagten Philosophen halten, bei den Pressefreiheitsexzessen seit 1817 ist Goethe für Repression, während der Großherzog die Stellung gegen die Reaktion in Preußen und Österreich lange hält.
Außerdem aber hat Damm ein beklemmendes Buch vom Sterben geschrieben, vom Tod Carl Augusts, dessen Anschauung Goethe sich durch Flucht entzog. Die Erzählung mündet in die Darstellung der erstaunlich fruchtbaren Sommerwochen von 1828 auf Schloss Dornburg: Überleben durch Schaffen, das war die Fähigkeit des Dichters. Sigrid Damms Lebenswerk, zu dem auch regelrechte Romane gehören, wird immer runder, dabei bleibt es offen für Fortsetzungen.
GUSTAV SEIBT
Sigrid Damm: Goethe und Carl August. Wechselfälle einer Freundschaft. Insel-Verlag, Berlin 2020. 320 Seiten, 24 Euro.
Sigrid Damm.
Foto: pa/dpa/Suhrkamp
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»Sigrid Damm ist eine erfahrene Biograln, die trotz langer und gründlicher Recherche weiß, wann sie schreiben muss: So könnte es gewesen sein. Das macht aus ihren Sachbüchern eine schöne Prosa.« Michael Hametner der Freitag 20210114