Mit dem Faust hat Goethe, heute vielfach nur noch als einfühlsamer Lyriker und aristokratischer Salonlöwe dem Publikum bekannt, sich in das Zentrum der großen Zeit des deutschen Geistes gestellt. Der Pakt mit Mephisto, dem Geist der Verneinung, ist dabei der Motor für ein tragisches Wechselspiel zwischen dem Göttlich-Wahren und dessen negierender Reflexion, der ihn von dem sympathetischen Makrokosmos uralter Geistigkeit bis in die fortschrittsorientierten Höhen modernen Selbstbewusstseins trägt. Dieser Dynamik des Geistes folgt der Autor durch beide Teile der Tragödie, denn sie sind mit bewundernswerter Folgerichtigkeit zusammenkomponiert worden von Dichter, der selbst an der Nahtstelle von alter und neuer Welt stehend, das Verhältnis beider so hellsichtig empfand, dass es bis heute schwerfällt, ihm etwas Gleichwertiges zur Seite zu stellen. Von Oswald Spengler stammt das Wort, dass insbesondere der zweite Teil die ganz Geschichte Westeuropas vorweggenommen hätte; und wenn dieses Buch auch nicht Spenglers Ausdeutung des Faustischen folgt, so will er doch die Richtigkeit dieser Einschätzung vorführen, - gerade auch für die Zeit nach diesem Diktum, für die Moderne im Zeitalter der Globalität. So ist es denn das besondere Anliegen dieser Interpretation, die Dunkelheit des zweiten Teils des Faust zu erhellen, ebenso die ins Auge fallende Präsenz der Antike. Die collagehafte Form des Faust, die die Einheit von Raum und Zeit wie die Identität des Helden auflöst, entspricht dabei dem verhandelten Inhalt; das Thema des modernen Dramas und der ungegenständlichen Kunst überhaupt ist damit angesprochen.
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