Ring frei für einen Wissenswettkampf voller Überraschungen! Immer wieder wird darüber gestritten: Halten Physik, Chemie und Biologie die besseren Antworten parat oder Geschichte, Germanistik und Philosophie? Höchste Zeit, beide Lager gegeneinander antreten zu lassen! In mehreren Runden präsentieren ein Naturwissenschaftler und eine Geisteswissenschaftlerin die witzigsten und originellsten Fakten aus ihrer Zunft - und geben sehr unterschiedliche Antworten auf dieselben Fragen: Wer hat den verrücktesten Forscher zu bieten? Die einprägsamsten Formeln und Zitate? Die glänzendste Einzelleistung? Seien Sie selbst der Ringrichter - und erfahren Sie viel Obskures und Unerwartetes aus beiden Wissenswelten.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2017Bernoulli vs. Medici
Eine Historikerin und ein Physiker versuchen sich im Kampf der Wissenschaftskulturen und hauen daneben.
Von Ulf von Rauchhaupt
Seit geraumer Zeit erfreuen sich Science Slams gewisser Beliebtheit. Dabei treten - meist junge - Wissenschaftler mit allgemeinverständlichen Kurzvorträgen über ihre Forschung gegeneinander an. Das Publikum darf dann darüber abstimmen, welche Darbietung besonders verständlich und unterhaltsam geraten ist. Diese Form mag "Goethes Faust & Einsteins Haken" angeregt haben, zumal einer der Autoren, Dennis Schulz, im Vortitel als süddeutscher Vizemeister im Science Slam vorgestellt wird.
Doch was als Kleinkunstformat gelingen kann, funktioniert darum noch lange nicht auf 200 Druckseiten, vor allem wenn an einem so großen Rad gedreht werden soll wie das Problem, das Geistes- und Naturwissenschaften miteinander haben. Schulz als Physikdoktorand und Annika Brockschmidt als Studentin der Geschichte und Germanistik ist der kulturelle Graben zwischen den "Nerds" und den "Laberfächern" aus ihrem Heidelberger Studentenalltag bekannt. Aber offenbar nur aus demselben. Von den anthropologischen Knackpunkten des Phänomens, wie sie zum Beispiel der britische Physiker und Schriftsteller C.P. Snow bereits 1959 ansprach, als er fragte, warum nicht als ungebildet gilt, wer den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nicht referieren kann - oder auch der Gegenfrage - bleiben, die Leser ihres Büchleins völlig unbehelligt. Ihnen wird stattdessen eine Reihe mehr oder minder passender Anekdoten vorgesetzt, mühsam strukturiert durch das Bild eines Boxkampfes, auf den der Titel des Buches anspielt: Ein "Schlagabtausch" der skurrilsten Typen, größten Dramen, schlimmsten Übeltätern und so weiter, der am Ende nur zeigen soll, dass dergleichen doch beide Felder in erklecklichem Maße aufzuweisen hätten und überhaupt die Grenze zwischen beiden in der Wissenschaftgeschichte eigentlich nicht immer klar zu ziehen war.
Ob sich die Mathematiker nun bei den Romanistinnen mehr Akzeptanz erhoffen können, wenn die wissen, dass es in der Familie Bernoulli, eine bedeutende Mathematikerdynastie, irgendwie ähnlich unharmonisch zuging wie bei den Medici? Aber selbst solche faden Resümees kommen nur dadurch zustande, dass die Autoren so simple theoretische Maßnahmen vermeiden, wie Gegenstände und Akteure wissenschaftlicher Untersuchungen auseinanderzuhalten. Kein Wunder bei diesem Ansatz ist auch, dass hier fast nur historische Geisteswissenschaften mitslammen dürfen.
Manches unter dem Vorgetragenen ist nicht ohne Unterhaltungswert und könnte bei Quizshows nützen, wären da nicht die vielen sachlichen Schnitzer. Ja, Luther war ein großer Sprachschöpfer, aber "Perlen vor die Säue werfen" und das "Licht unter den Scheffel stellen" stehen so im Originaltext des Neuen Testaments, Luther hat hier wörtlich übersetzt. Und nein, dass durch Anwendung der bis 1945 erhältlichen radioaktiven Zahnpasta "Doramad" "die Zähne nach dem Putzen blau leuchteten" wie die Brennelemente im Becken eines Atomreaktors, kann nicht sein. Besagtes Leuchten entsteht, wenn beim radioaktiven Zerfall entstehende geladene Teilchen ausgedehntere Wasserschichten durchqueren. Wenigstens scheinen die Oberflächlichkeiten und Fehler hier fair über Geistes- und Naturwissenschaften verteilt.
Annika Brockschmidt, Dennis Schulz: "Goethes Faust & Einsteins Haken".
Der Kampf der Wissenschaften.
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2017. 224 S., br., 9,99 [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Historikerin und ein Physiker versuchen sich im Kampf der Wissenschaftskulturen und hauen daneben.
Von Ulf von Rauchhaupt
Seit geraumer Zeit erfreuen sich Science Slams gewisser Beliebtheit. Dabei treten - meist junge - Wissenschaftler mit allgemeinverständlichen Kurzvorträgen über ihre Forschung gegeneinander an. Das Publikum darf dann darüber abstimmen, welche Darbietung besonders verständlich und unterhaltsam geraten ist. Diese Form mag "Goethes Faust & Einsteins Haken" angeregt haben, zumal einer der Autoren, Dennis Schulz, im Vortitel als süddeutscher Vizemeister im Science Slam vorgestellt wird.
Doch was als Kleinkunstformat gelingen kann, funktioniert darum noch lange nicht auf 200 Druckseiten, vor allem wenn an einem so großen Rad gedreht werden soll wie das Problem, das Geistes- und Naturwissenschaften miteinander haben. Schulz als Physikdoktorand und Annika Brockschmidt als Studentin der Geschichte und Germanistik ist der kulturelle Graben zwischen den "Nerds" und den "Laberfächern" aus ihrem Heidelberger Studentenalltag bekannt. Aber offenbar nur aus demselben. Von den anthropologischen Knackpunkten des Phänomens, wie sie zum Beispiel der britische Physiker und Schriftsteller C.P. Snow bereits 1959 ansprach, als er fragte, warum nicht als ungebildet gilt, wer den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nicht referieren kann - oder auch der Gegenfrage - bleiben, die Leser ihres Büchleins völlig unbehelligt. Ihnen wird stattdessen eine Reihe mehr oder minder passender Anekdoten vorgesetzt, mühsam strukturiert durch das Bild eines Boxkampfes, auf den der Titel des Buches anspielt: Ein "Schlagabtausch" der skurrilsten Typen, größten Dramen, schlimmsten Übeltätern und so weiter, der am Ende nur zeigen soll, dass dergleichen doch beide Felder in erklecklichem Maße aufzuweisen hätten und überhaupt die Grenze zwischen beiden in der Wissenschaftgeschichte eigentlich nicht immer klar zu ziehen war.
Ob sich die Mathematiker nun bei den Romanistinnen mehr Akzeptanz erhoffen können, wenn die wissen, dass es in der Familie Bernoulli, eine bedeutende Mathematikerdynastie, irgendwie ähnlich unharmonisch zuging wie bei den Medici? Aber selbst solche faden Resümees kommen nur dadurch zustande, dass die Autoren so simple theoretische Maßnahmen vermeiden, wie Gegenstände und Akteure wissenschaftlicher Untersuchungen auseinanderzuhalten. Kein Wunder bei diesem Ansatz ist auch, dass hier fast nur historische Geisteswissenschaften mitslammen dürfen.
Manches unter dem Vorgetragenen ist nicht ohne Unterhaltungswert und könnte bei Quizshows nützen, wären da nicht die vielen sachlichen Schnitzer. Ja, Luther war ein großer Sprachschöpfer, aber "Perlen vor die Säue werfen" und das "Licht unter den Scheffel stellen" stehen so im Originaltext des Neuen Testaments, Luther hat hier wörtlich übersetzt. Und nein, dass durch Anwendung der bis 1945 erhältlichen radioaktiven Zahnpasta "Doramad" "die Zähne nach dem Putzen blau leuchteten" wie die Brennelemente im Becken eines Atomreaktors, kann nicht sein. Besagtes Leuchten entsteht, wenn beim radioaktiven Zerfall entstehende geladene Teilchen ausgedehntere Wasserschichten durchqueren. Wenigstens scheinen die Oberflächlichkeiten und Fehler hier fair über Geistes- und Naturwissenschaften verteilt.
Annika Brockschmidt, Dennis Schulz: "Goethes Faust & Einsteins Haken".
Der Kampf der Wissenschaften.
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2017. 224 S., br., 9,99 [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine ganz wunderbare Idee P.M.