Wenn bei T.C. Boyle von "Good Home" die Rede ist, muss man auf alles gefasst sein: Ein Witwer legt sich eine Schlange zu, aber die Ratten, mit denen er sie füttern will, wachsen ihm so sehr ans Herz, dass er Dreizehnhundert von ihnen beherbergt. Eine Zwölfjährige soll vor Gericht gegen ihren alkoholkranken Vater aussagen; und plötzlich gibt es viele Wahrheiten. Eine betörende Frau lässt sich auf den Hundemann ein – kurz zuvor hatte sie ihm ihre Kätzchen anvertraut, doch was er mit denen vorhat, kann sie nicht ahnen. Der Bestsellerautor erkundet in seinen neuen Erzählungen, die dieser Band versammelt, die dunkle Seite der amerikanischen Seele – witzig, exzentrisch, unheimlich.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.02.2018Der Biss der Klapperschlange
In seinem neuen Erzählungsband „Good Home“ führt T. C. Boyle seine Figuren
verlässlich und mit großer Raffinesse in Katastrophen, Untergänge und Dystopien
VON MEIKE FESSMANN
Er ackert, er wühlt, er kämpft sich durch. Einen Appell an seine Muskelkraft kann der typische Held von T. C. Boyles Geschichten niemals überhören, mag er auch noch so sehr zur Lethargie neigen. Boyle ist ein wahrer Entfesselungskünstler überraschend ausbrechender Energieschübe, seien sie nun menschlicher oder geologischer Natur, und er verbindet sie mit zivilisatorischen Elementen zu einer eigentümlichen Mixtur, die etwas zutiefst Amerikanisches hat.
Bei einem Erdrutsch an der Küste Südkaliforniens kommt der Fahrer eines Kleintransporters in schlimme Bedrängnis. Er soll eine menschliche Leber, deren Transplantation unmittelbar bevorsteht, vom Flughafen in Los Angeles nach Santa Barbara bringen. Nun sitzt er fest. Während er auf den Motorradfahrer wartet, den das Krankenhaus losgeschickt hat, damit er das Organ übernimmt, klopft eine Frau in wilder Panik an die Scheibe seines Wagens. Er müsse ihr helfen, Mann und Tochter seien eingeschlossen. An der Hand zieht sie ihn hinter sich her, bis er vor den Trümmern ihres Reihenhäuschens erkennt, dass hier die eigentliche Katastrophe stattgefunden hat. Ohne wirklich daran zu glauben, Überlebende in den Schlammmassen zu finden, beginnt er, wie ein Berserker zu graben. Es ist der Anblick der Frau, ihre „wilde Entschlossenheit“, der ihm beinahe übermenschliche Kräfte verleiht. Geradezu rauschhaft gräbt er sich in „Ekstase“. Doch kaum hat er die beiden tatsächlich gefunden, ist er abgemeldet. Am Handy wartet bereits der zeternde Chirurg, der ihn beschimpft, weil er nicht bei seinem Wagen geblieben ist.
Die zwanzig Geschichten dieses 2013 im Original erschienenen, von Anette Grube und Dirk van Gunsteren übersetzten Sammelbandes sind von erstaunlicher Vielfalt. Die Handschrift des amerikanischen Erfolgsautors, der das Schäbige und Chaotische einer meist heruntergekommenen, von Natur durchwucherten Zivilisation so beschreiben kann, dass es rätselhafterweise anziehend wirkt, ist markant. Und doch scheint man mit jeder Geschichte in einen anderen Canyon zu geraten. Der schroffe Eigensinn seiner Figuren prägt die absonderlichen Konstellationen, die thematisch, wie in der Intensität von Gefühlen eine enorme Bandbreite haben.
Ein Junge ohne Schmerzempfinden wird von seinen Eltern als Jahrmarktattraktion verkauft, während ein Wissenschaftler an ihm die Physiologie des Schmerzes erkunden will und väterliche Gefühle entwickelt. Ein reiches Ehepaar engagiert eine Studentin als Hundesitterin eines geklonten afghanischen Windhundes, damit sie ihm die gleiche Sozialisation verschafft wie seinem genetischen Double. Einem erschöpften Vater gehen die Ausreden aus, um nicht zur Arbeit zu müssen. Eines Tages behauptet er, sein Baby sei gestorben – eine Lüge, die seine Existenz in Stücke haut.
T. C. Boyle ist das Gegenteil eines feinsinnigen Autors. Dennoch wirken seine Geschichten nicht grob. Es ist schwer zu sagen, woher die Menschenfreundlichkeit kommt, der Dreck und Chaos nichts anhaben können. Gewalt und Trost sind manchmal verschwistert. So ballert der Fahrer, der beim Erdrutsch in „La Conchita“ (wie auch die Erzählung heißt) Menschenleben rettet, hemmungslos durch die Gegend, wenn ihn andere Autofahrer nerven. Dass er seine Pistole mitnimmt, um der Frau zu helfen, erklärt er sich so: „Vielleicht weil Panik ansteckend und Gewalt das Einzige ist, was beruhigt.“ Waffen trägt hier jeder mit sich rum und manch einer kommt nebenbei zu Tode. „Krieg“ ist eine der häufigsten Metaphern Boyles, etwa wenn Pockennarben „Relikte eines epidermalen Krieges“ heißen oder eine Vegetarierin die Schnecken in ihrem Blumenbeet mit der Rechtfertigung zerquetscht, es handle sich um eine „Art Krieg“ gegen eine „eingeschleppte Spezies“.
Krude Überzeugungen mischen sich mit schrägen Argumenten, je abgedrehter einer ist, desto mehr fühlt er sich im Recht. Kreationismus und verschrobene Öko-Theorien treiben bizarre Blüten, an Schulen ebenso wie auf Campingplätzen. Da sammelt ein Vogelfreund Unterschriften gegen Katzen. Sie seien „Killer“ und eine große Gefahr für das Ökosystem. Boyle hat großes Vergnügen daran, solche Typen mit ihrer ganzen Verve ins Leere laufen zu lassen. Er lässt ihnen hemmungslos freien Lauf, und doch domestiziert er sie mit den Mitteln seines Stils, der drastische Bilder und telepathische Effekte in rhetorische Figuren verwandelt.
Karikatur und Zärtlichkeit lassen sich nicht unterscheiden, wenn Boyle dem großgewachsenen Katzenhasser ein tierisches Pendant zur Seite stellt. Während er in Wisconsin um die Unterschrift einer jungen Witwe wirbt, unter deren Campingwagen Katzen hausen und in deren Bett er schließlich landet, erscheint ihrer in Kalifornien lebenden Schwester ein entlaufener Tiger, den sie durch beruhigende Laute in Schlaf versetzt. „Wie viele Menschen hatten schon einmal einen Tiger schnarchen hören? Wie viele Menschen auf der Welt, in der Geschichte der Menschheit, ganz zu schweigen von Moorpark?“
Die einzige misslungene Erzählung handelt von einer Frau Mitte dreißig, die sich bei einer Botox-Behandlung in den Chirurgen verliebt. Ist das Setting allzu clean, geht Boyle offenbar die Luft aus. Großartig dagegen die Geschichte, in der eine ältere Frau drei Jahre nach der Reaktorkatastrophe in die Gegend um Tschernobyl zurückkehrt und sich mit einem Mann zusammentut, der die heruntergekommene Ersatzwohnung in Kiew so wenig aushält wie sie. Eine Atmosphäre, die Grimms Märchen, Tschechow, Faulkner und dystopische Elemente zu einer Zauberwelt mischt, in der es sinnvoller erscheint, dort zu sein, wo man hingehört, als einfach nur zu überleben. Das Gift wird hier zum „Segen“. Es bringt die Wildnis zurück.
In der Wüste von Arizona sucht ein New Yorker Töpfer nach Erleuchtung. Mit seiner jungen Geliebten hat er sich in ein Schweige-Retreat zurückgezogen, das mehr als drei Jahre dauern soll. Ein Coltrane-Riff geht ihm nicht aus dem Kopf, als wolle es ihn in sein früheres Leben zurückziehen. Es wird zugleich zum Vorzeichen kommenden Unheils. Ein Klapperschlangenbiss in der Wildnis kann aus der Suche nach Erleuchtung schnell den Ernstfall machen.
T. C. Boyle, der Ende diesen Jahres siebzig wird, hat beinahe zwanzig Romane und zahlreiche Kurzgeschichten geschrieben. Er beherrscht seine Mittel mit einem Drive, über den man nur staunen kann. Unter den vielen großartigen Geschichten von „Good Home“ ist „Tod in Kitchawank“ vielleicht die eindrucksvollste. Sie ist ein Musterbeispiel dafür, wie wenige Mittel ein gewiefter Autor braucht, um im Leser die unterschiedlichsten Gefühle zu erwecken und die Zeit so zu dehnen, dass die Elegie eines ganzen Lebens in einer einzigen Kurzgeschichte unterkommt.
Ihre Raffinesse besteht nicht nur darin, dass sie die Ängste einer Mutter, die wir in der Nixon-Ära mit den heitersten Strandbildern, die man sich vorstellen kann, kennenlernen, über Jahre anwachsen lässt, bis sie zum Auslöser der im Titel signalisierten Katastrophe werden.
Ihr Trick besteht auch darin, dass die labile psychische Konstitution der jüdischen Hauptfigur von einer männlichen Nebenfigur geschildert wird, einem Freund ihrer erwachsenen Söhne. So hören wir zwei übereinandergelegte Tonspuren, den ängstlichen Tonfall weiblicher Sorge und den lässigen Sound eines Mannes, der an seine Jugend denkt: „Wir waren stoned, und es ging uns bestens. Weil wir das Gefühl hatten, mitten in dieser strahlenden Liebe und in diesem tiefen Brunnen der Ruhe mit etwas durchzukommen.“
Die Mischung von Tonfällen, überhaupt das Mischen von allem und jedem ist das große Faszinosum des Universums von T. C. Boyle. Es ist eine im besten Sinne hybride Literatur, gleichermaßen amerikanisch wie anti-puritanisch, ein sehr wirkungsvolles Gegengift gegen jede Reinheitsfantasie – und dazu noch höchst unterhaltsam.
T. C. Boyle: Good Home. Stories. Aus dem Englischen von Anette Grube und Dirk van Gunsteren. Carl-Hanser-Verlag, München 2018. 430 Seiten, 23 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Ein Vogelfreund sammelt
Unterschriften gegen Katzen.
Sie seien „Killer“
Der Schwester der jungen Witwe
im Campingwagen erscheint
ein entlaufener Tiger
Katzen unter Campingwagen, Frauen, die mit Tigern flüstern, und dann und wann eine Naturkatastrophe: die USA in den Erzählungen T. C. Boyles.
Foto: dpa
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In seinem neuen Erzählungsband „Good Home“ führt T. C. Boyle seine Figuren
verlässlich und mit großer Raffinesse in Katastrophen, Untergänge und Dystopien
VON MEIKE FESSMANN
Er ackert, er wühlt, er kämpft sich durch. Einen Appell an seine Muskelkraft kann der typische Held von T. C. Boyles Geschichten niemals überhören, mag er auch noch so sehr zur Lethargie neigen. Boyle ist ein wahrer Entfesselungskünstler überraschend ausbrechender Energieschübe, seien sie nun menschlicher oder geologischer Natur, und er verbindet sie mit zivilisatorischen Elementen zu einer eigentümlichen Mixtur, die etwas zutiefst Amerikanisches hat.
Bei einem Erdrutsch an der Küste Südkaliforniens kommt der Fahrer eines Kleintransporters in schlimme Bedrängnis. Er soll eine menschliche Leber, deren Transplantation unmittelbar bevorsteht, vom Flughafen in Los Angeles nach Santa Barbara bringen. Nun sitzt er fest. Während er auf den Motorradfahrer wartet, den das Krankenhaus losgeschickt hat, damit er das Organ übernimmt, klopft eine Frau in wilder Panik an die Scheibe seines Wagens. Er müsse ihr helfen, Mann und Tochter seien eingeschlossen. An der Hand zieht sie ihn hinter sich her, bis er vor den Trümmern ihres Reihenhäuschens erkennt, dass hier die eigentliche Katastrophe stattgefunden hat. Ohne wirklich daran zu glauben, Überlebende in den Schlammmassen zu finden, beginnt er, wie ein Berserker zu graben. Es ist der Anblick der Frau, ihre „wilde Entschlossenheit“, der ihm beinahe übermenschliche Kräfte verleiht. Geradezu rauschhaft gräbt er sich in „Ekstase“. Doch kaum hat er die beiden tatsächlich gefunden, ist er abgemeldet. Am Handy wartet bereits der zeternde Chirurg, der ihn beschimpft, weil er nicht bei seinem Wagen geblieben ist.
Die zwanzig Geschichten dieses 2013 im Original erschienenen, von Anette Grube und Dirk van Gunsteren übersetzten Sammelbandes sind von erstaunlicher Vielfalt. Die Handschrift des amerikanischen Erfolgsautors, der das Schäbige und Chaotische einer meist heruntergekommenen, von Natur durchwucherten Zivilisation so beschreiben kann, dass es rätselhafterweise anziehend wirkt, ist markant. Und doch scheint man mit jeder Geschichte in einen anderen Canyon zu geraten. Der schroffe Eigensinn seiner Figuren prägt die absonderlichen Konstellationen, die thematisch, wie in der Intensität von Gefühlen eine enorme Bandbreite haben.
Ein Junge ohne Schmerzempfinden wird von seinen Eltern als Jahrmarktattraktion verkauft, während ein Wissenschaftler an ihm die Physiologie des Schmerzes erkunden will und väterliche Gefühle entwickelt. Ein reiches Ehepaar engagiert eine Studentin als Hundesitterin eines geklonten afghanischen Windhundes, damit sie ihm die gleiche Sozialisation verschafft wie seinem genetischen Double. Einem erschöpften Vater gehen die Ausreden aus, um nicht zur Arbeit zu müssen. Eines Tages behauptet er, sein Baby sei gestorben – eine Lüge, die seine Existenz in Stücke haut.
T. C. Boyle ist das Gegenteil eines feinsinnigen Autors. Dennoch wirken seine Geschichten nicht grob. Es ist schwer zu sagen, woher die Menschenfreundlichkeit kommt, der Dreck und Chaos nichts anhaben können. Gewalt und Trost sind manchmal verschwistert. So ballert der Fahrer, der beim Erdrutsch in „La Conchita“ (wie auch die Erzählung heißt) Menschenleben rettet, hemmungslos durch die Gegend, wenn ihn andere Autofahrer nerven. Dass er seine Pistole mitnimmt, um der Frau zu helfen, erklärt er sich so: „Vielleicht weil Panik ansteckend und Gewalt das Einzige ist, was beruhigt.“ Waffen trägt hier jeder mit sich rum und manch einer kommt nebenbei zu Tode. „Krieg“ ist eine der häufigsten Metaphern Boyles, etwa wenn Pockennarben „Relikte eines epidermalen Krieges“ heißen oder eine Vegetarierin die Schnecken in ihrem Blumenbeet mit der Rechtfertigung zerquetscht, es handle sich um eine „Art Krieg“ gegen eine „eingeschleppte Spezies“.
Krude Überzeugungen mischen sich mit schrägen Argumenten, je abgedrehter einer ist, desto mehr fühlt er sich im Recht. Kreationismus und verschrobene Öko-Theorien treiben bizarre Blüten, an Schulen ebenso wie auf Campingplätzen. Da sammelt ein Vogelfreund Unterschriften gegen Katzen. Sie seien „Killer“ und eine große Gefahr für das Ökosystem. Boyle hat großes Vergnügen daran, solche Typen mit ihrer ganzen Verve ins Leere laufen zu lassen. Er lässt ihnen hemmungslos freien Lauf, und doch domestiziert er sie mit den Mitteln seines Stils, der drastische Bilder und telepathische Effekte in rhetorische Figuren verwandelt.
Karikatur und Zärtlichkeit lassen sich nicht unterscheiden, wenn Boyle dem großgewachsenen Katzenhasser ein tierisches Pendant zur Seite stellt. Während er in Wisconsin um die Unterschrift einer jungen Witwe wirbt, unter deren Campingwagen Katzen hausen und in deren Bett er schließlich landet, erscheint ihrer in Kalifornien lebenden Schwester ein entlaufener Tiger, den sie durch beruhigende Laute in Schlaf versetzt. „Wie viele Menschen hatten schon einmal einen Tiger schnarchen hören? Wie viele Menschen auf der Welt, in der Geschichte der Menschheit, ganz zu schweigen von Moorpark?“
Die einzige misslungene Erzählung handelt von einer Frau Mitte dreißig, die sich bei einer Botox-Behandlung in den Chirurgen verliebt. Ist das Setting allzu clean, geht Boyle offenbar die Luft aus. Großartig dagegen die Geschichte, in der eine ältere Frau drei Jahre nach der Reaktorkatastrophe in die Gegend um Tschernobyl zurückkehrt und sich mit einem Mann zusammentut, der die heruntergekommene Ersatzwohnung in Kiew so wenig aushält wie sie. Eine Atmosphäre, die Grimms Märchen, Tschechow, Faulkner und dystopische Elemente zu einer Zauberwelt mischt, in der es sinnvoller erscheint, dort zu sein, wo man hingehört, als einfach nur zu überleben. Das Gift wird hier zum „Segen“. Es bringt die Wildnis zurück.
In der Wüste von Arizona sucht ein New Yorker Töpfer nach Erleuchtung. Mit seiner jungen Geliebten hat er sich in ein Schweige-Retreat zurückgezogen, das mehr als drei Jahre dauern soll. Ein Coltrane-Riff geht ihm nicht aus dem Kopf, als wolle es ihn in sein früheres Leben zurückziehen. Es wird zugleich zum Vorzeichen kommenden Unheils. Ein Klapperschlangenbiss in der Wildnis kann aus der Suche nach Erleuchtung schnell den Ernstfall machen.
T. C. Boyle, der Ende diesen Jahres siebzig wird, hat beinahe zwanzig Romane und zahlreiche Kurzgeschichten geschrieben. Er beherrscht seine Mittel mit einem Drive, über den man nur staunen kann. Unter den vielen großartigen Geschichten von „Good Home“ ist „Tod in Kitchawank“ vielleicht die eindrucksvollste. Sie ist ein Musterbeispiel dafür, wie wenige Mittel ein gewiefter Autor braucht, um im Leser die unterschiedlichsten Gefühle zu erwecken und die Zeit so zu dehnen, dass die Elegie eines ganzen Lebens in einer einzigen Kurzgeschichte unterkommt.
Ihre Raffinesse besteht nicht nur darin, dass sie die Ängste einer Mutter, die wir in der Nixon-Ära mit den heitersten Strandbildern, die man sich vorstellen kann, kennenlernen, über Jahre anwachsen lässt, bis sie zum Auslöser der im Titel signalisierten Katastrophe werden.
Ihr Trick besteht auch darin, dass die labile psychische Konstitution der jüdischen Hauptfigur von einer männlichen Nebenfigur geschildert wird, einem Freund ihrer erwachsenen Söhne. So hören wir zwei übereinandergelegte Tonspuren, den ängstlichen Tonfall weiblicher Sorge und den lässigen Sound eines Mannes, der an seine Jugend denkt: „Wir waren stoned, und es ging uns bestens. Weil wir das Gefühl hatten, mitten in dieser strahlenden Liebe und in diesem tiefen Brunnen der Ruhe mit etwas durchzukommen.“
Die Mischung von Tonfällen, überhaupt das Mischen von allem und jedem ist das große Faszinosum des Universums von T. C. Boyle. Es ist eine im besten Sinne hybride Literatur, gleichermaßen amerikanisch wie anti-puritanisch, ein sehr wirkungsvolles Gegengift gegen jede Reinheitsfantasie – und dazu noch höchst unterhaltsam.
T. C. Boyle: Good Home. Stories. Aus dem Englischen von Anette Grube und Dirk van Gunsteren. Carl-Hanser-Verlag, München 2018. 430 Seiten, 23 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Ein Vogelfreund sammelt
Unterschriften gegen Katzen.
Sie seien „Killer“
Der Schwester der jungen Witwe
im Campingwagen erscheint
ein entlaufener Tiger
Katzen unter Campingwagen, Frauen, die mit Tigern flüstern, und dann und wann eine Naturkatastrophe: die USA in den Erzählungen T. C. Boyles.
Foto: dpa
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"T.C. Boyles neuer Erzählband weist Eleganz und Reife aus ... In seinen Erzählungen wirft Boyle Schlaglichter auf Momente des Lebens, und er ist dabei mal komisch-bizarr, mal ernst und manchmal auch grausam. Jede Story eröffnet einen ganz eigenen Kosmos." Irene Binal, Neue Zürcher Zeitung, 13.06.18
"Eine Fülle an gewitzten und lebensprallen Kurzgeschichten ... Man könnte versucht sein, das Boyle'sche Panoptikum als Freakshow aufzufassen, deren Programm sich aus manchen Perversionen des amerikanischen Kapitalismus speist. Aber die Freaks, das sind wir: Menschen mit Ängsten, persönlichen Krisen, eingezwängt in erbarmungslos funktionierende Hierarchien, oder Träumer, die dem Mitmenschen oder den Naturgewalten manchmal zu nahe kommen." Paul Stopp, Deutschlandfunk, 15.05.18
"Großartige Geschichten ... T.C. Boyle führt seine Figuren verlässlich und mit großer Rafinesse in Katastrophen, Untergänge und Dystopien." Meike Feßmann, Süddeutsche Zeitung, 09.02.18
"Die Mischung von Tonfällen, überhaupt das Mischen von allem und jedem ist das große Faszinosum des Universums von T.C. Boyle. Es ist eine im besten Sinne hybride Literatur, gleichermaßen amerikanisch wie anti-puritanisch, ein sehr wirkungsvolles Gegengift gegen jede Reinheitsfantasie - und dazu noch höchst unterhaltsam." Meike Feßmann, Süddeutsche Zeitung, 09.02.18
"Eine Fülle an gewitzten und lebensprallen Kurzgeschichten ... Man könnte versucht sein, das Boyle'sche Panoptikum als Freakshow aufzufassen, deren Programm sich aus manchen Perversionen des amerikanischen Kapitalismus speist. Aber die Freaks, das sind wir: Menschen mit Ängsten, persönlichen Krisen, eingezwängt in erbarmungslos funktionierende Hierarchien, oder Träumer, die dem Mitmenschen oder den Naturgewalten manchmal zu nahe kommen." Paul Stopp, Deutschlandfunk, 15.05.18
"Großartige Geschichten ... T.C. Boyle führt seine Figuren verlässlich und mit großer Rafinesse in Katastrophen, Untergänge und Dystopien." Meike Feßmann, Süddeutsche Zeitung, 09.02.18
"Die Mischung von Tonfällen, überhaupt das Mischen von allem und jedem ist das große Faszinosum des Universums von T.C. Boyle. Es ist eine im besten Sinne hybride Literatur, gleichermaßen amerikanisch wie anti-puritanisch, ein sehr wirkungsvolles Gegengift gegen jede Reinheitsfantasie - und dazu noch höchst unterhaltsam." Meike Feßmann, Süddeutsche Zeitung, 09.02.18