Essay aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Filmwissenschaft, Technische Universität Darmstadt, Sprache: Deutsch, Abstract: Gott sieht alles – also hat er auch diesen Film gesehen. „Die Passion Christi: Ergreifendes Monumentaldrama von Mel Gibson mit Jim Cavaziel und Monica Bellucci. Die letzten qualvollen Stunden im Leben Jesu Christi: Verraten von Judas, von den Pharisäern der Gotteslästerung bezichtigt und von Herodes verspottet, wird er schließlich von Pilatus auf Drängen des Volkes zum Tode verurteilt. Schmerz erfüllt stellt sich der gekreuzigte Jesus seiner letzten Versuchung... 127 Min.“1 So klingt es, wenn man die derzeitigen Kinozeitschriften durchblättert. Und kein Kinobesucher wird sich durch eine solche Anzeige ins Kino locken lassen – doch den Kinobesitzern ist dieser Mangel an Feingefühl egal. Zumindest strömen in den USA und andern Ortes scharenweise Menschen in die Kinopaläste – hier im deutschsprachigen Raum liegen die bezahlten Plätze etwas hinter den Erwartungen. Dafür haben Priester, Bischöfe und Kardinäle endlich wieder ein Thema – die Passion im Allgemeinen und im Speziellen. Die dazugehörige Auferstehung kommt allerdings im Film, wie auch bei der obigen Anzeige, etwas kurz. Der Schwerpunkt des Interesses liegt eindeutig bei den dargestellten Gewaltdarstellungen. An zweiter Stelle, knapp dahinter, folgt die Frage nach antisemitischen Tendenzen, die der Film übertragen soll und an dritter Stelle, der Anspruch des Films und die Authentizität des Filminhaltes. „Zensoren neigen dazu, dass zu tun, was sonst nur psychisch gestörte Menschen tun, sie verwechseln die Illusion mit der Wirklichkeit.“2 Was hat es nun mit diesem Film auf sich? Seltsam ist er schon – er wird nur im Original mit Untertiteln in Sprachen, die niemand mehr spricht, gezeigt. Jeder redet über den Film, aber keiner hat ihn gesehen. Die Story wird jedes Jahr erzählt und gefeiert und trotzdem eschschofieren sich alle. In jeder guten christlichen Kirche hängt sogar ein ähnliches Kunstwerk, meistens verdammt gut sichtbar. Seltsam ist das schon – finden Sie nicht auch? Haben sie sich vielleicht die Mühe gemacht, in den Film zu gehen? Und wie ist ihre Meinung? [...] 1 Komplette Kurzzusammenfassung des Citydome/Cinemaxx Programms. Wenn man diese Ankündigung allerdings nach dem Kino liest, fragt man sich unwillkürlich, wo den die „letzte Versuchung“ geblieben ist. Jesus muss sich nur am Anfang der teuflischen Versuchung stellen, die den ganzen Film auf ihre Chance lauert, doch am Ende obsiegt die Liebe und das Vertrauen zum Vater – Oder? 2 Zitat von David Cronenberg, intro 113, S.079.