Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Literaturgeschichte, Epochen, Note: 1,0, Universität Lüneburg (Sprache und Kommunikation), Veranstaltung: Leitbild/Feindbild des Schriftsteller-Intellektuellen, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Literaturgeschichte sind Arbeiten über Benn ohne eine separate Bezugnahme auf sein Bekenntnis zum Nationalsozialismus nicht vorstellbar. Es wird dort versucht zu erklären, zu ergründen, zu verteidigen, zu verurteilen und zu rehabilitieren. Es gibt viele Ansätze, die begreiflich machen sollen, wie ein gefeierter Dichter und Essayist, ein so sensibler und intelligenter Mann auf die plumpe Rhetorik der Nazis hat hereinfallen können. Auch seine intellektuellen Zeitgenossen, allen voran Klaus Mann, beschäftigt diese Frage. Doch seinerzeit, 1933, müssen sie ihn aufgeben. Er steht auf der anderen Seite und scheint für immer verloren. Allgemein wird viel diskutiert zu jener Zeit. Nach dem ersten Weltkrieg sind alle Optionen offen. Alle Menschheitsutopien und Staatsformen erscheinen möglich und warten auf ihre Chance zur Verwirklichung. Auch nach dem Ausruf der Republik kämpft man weiter für den Sozialismus, den Kommunismus, die Anarchie oder sehnt sich zurück nach der Monarchie. Es gilt Rahmen abzustecken, Aufgaben zu definieren, Begriffe mit Bedeutung zu füllen wie zum Beispiel „intellektuell“, „Geistigkeit“. Es regiert die Hingabe an Ideen, Klassen, Wahrheiten, und nicht zu vergessen, die Kunst. Wo ist die Kunst? Vor allem die Schriftsteller melden sich zu Wort. Der Marxismus ist weit verbreitet und die noch junge Soziologie erobert in ihrem Windschatten die Gemüter. Hitzige Debatten über die Aufgabe der Lyrik entbrennen. Ob sie kritisch sein müsse, sich dem System entgegenstellen solle und ob unpolitische Lyrik nicht unterbewusst den Kapitalismus unterstütze. Es ist schwer, in diesem Meer von Erkenntnis den Standort des Intellektuellen auszumachen. Soll er der Wahrheit verpflichtet sein, der Klasse, der Gerechtigkeit oder gar der Partei? Es gibt viele Meinungen, einigen kann man sich nicht. Obwohl er in dieser Debatte in den Zeiten der Weimarer Republik zunächst nicht in Erscheinung tritt, macht Benn vielleicht gerade dadurch seine Position deutlich. Erst nach den Angriffen Ende der zwanziger Jahre und schließlich nach der Machtergreifung Hitlers 1933 arbeitet er seine Position innerhalb dieses Diskurses öffentlich aus. Position ist wohl untertrieben. Eigentlich sind es Positionen. Eine davon, das Bekenntnis zum Nationalsozialismus, treibt eine Schockwelle durch die intellektuellen Schriftsteller. [...]