Sie verdammen die "MeToo"-Bewegung als bigottes Kunstprodukt aus Hollywood, bezeichnen Schwangerschaftsabbrüche als Mord und verteidigen traditionelle Rollenverteilung als Option echter Freiheit: Konservative Frauen sind in den USA zu einem Machtfaktor geworden. Bei den Republikanern sind rund 40 Prozent der Anhängerschaft und immer mehr Abgeordnete weiblich. An den Gerichten nehmen republikanische Frauen Schlüsselpositionen ein. Ihr enormes Mobilisierungsvermögen beweisen sie in Wahlkämpfen, bei Auseinandersetzungen um Schullehrpläne und als Influencerinnen. Und sie haben ein klares Ziel: das Land nach ihren Vorstellungen zu verändern. Am liebsten aus dem Weißen Haus heraus. Dieses Buch erklärt eine Bewegung, die die Zukunft der USA für Jahrzehnte beeinflussen wird.
»Annett Meiritz und Juliane Schäuble öffnen durch ihr Buch und ihre Recherchen vor Ort eine Tür in eine Welt, die in Deutschland bislang kaum beleuchtet worden ist.« Katharina Hamberger, Deutschlandfunk
»Annett Meiritz und Juliane Schäuble öffnen durch ihr Buch und ihre Recherchen vor Ort eine Tür in eine Welt, die in Deutschland bislang kaum beleuchtet worden ist.« Katharina Hamberger, Deutschlandfunk
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Tatjana Heid bekommt mit diesem Buch über konservative amerikanische Politikerinnen Einblicke in eine für sie unvorstellbare Welt. Was ihr die beiden USA-Korrespondentinnen Annett Meiritz und Juliane Schäuble hier an Radikalität und Schrillheit präsentieren, wenn sie die radikalisierten Politstars der republikanischen Partei porträtieren, dann wird der Rezensentin ganz flau. Aber sie ahnt auch, dass sich hier Kräfte sammeln, die man nicht unterschätzen darf und die aus den üblichen Klischee ausbrechen: Nicht alle sind alt und weiß, betont Heid, die Frauen der religiösen Rechten sind auch jung und schwarz oder lateinamerikanisch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2023Radikal, schrill, weiblich
Aber ganz bestimmt nicht links. Konservative Frauen in den Vereinigten Staaten und ihr großer Einfluss auf viele Aspekte der Politik.
Kari Lake - eine Frau, die sich im Wahlkampf als weibliche Version Donald Trumps inszeniert. Marjorie Taylor Greene - Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Abtreibungsgegnerin und glühende Anhängerin von Verschwörungstheorien. Kelly Tshibaka - Die Senatskandidatin für Alaska hat schon als Studentin geschrieben, dass Homosexualität therapiert werden könnte. Wer die Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten verfolgt hat, dem dürfte aufgefallen sein: Einige der radikalsten, schrillsten Stimmen waren die von Frauen. Und sie sind kein Randphänomen. Im Gegenteil.
Die konservative Frauenbewegung in den Vereinigten Staaten hat in Deutschland bislang kaum systematische Beachtung gefunden. Annett Meiritz und Juliane Schäuble ändern das. In ihrem Buch "Guns n' Rosé" zeigen sie, dass jene radikalen Frauen nur die Spitze einer vielschichtigen Bewegung sind, die - so die Überzeugung der Autorinnen - die Zukunft der Vereinigten Staaten auf Jahrzehnte beeinflussen wird.
Der Titel "Guns n' Rosé" verrät, um was es geht: Frauen, so hart wie Männer, wenn nicht noch härter, noch radikaler. Stockkonservativ, aber oft mit einer deutlichen Betonung ihrer Weiblichkeit. Konservative Frauen werden häufig unterschätzt, auch von anderen Frauen - Demokratinnen zum Beispiel. Unvergessen die Aussage von Michelle Obama: "Jede Frau, die gegen Hillary Clinton gestimmt hat, hat gegen sich selbst gestimmt." Aus der Enttäuschung über das Wahlergebnis sprach Arroganz. Die Anliegen konservativer Frauen mögen für viele überholt sein, fremdgesteuert sind sie deswegen jedoch nicht. Sie haben enormen Einfluss, in Washington, der Lokalpolitik, in Justiz, Medien und Gesellschaft. Hinzu kommt: Die konservative Frauenbewegung ist weniger zerfasert als linker Feminismus, sie tritt geschlossener auf und ist extrem organisiert. Das gibt ihr Macht.
Jüngstes und sehr eindrückliches Beispiel: die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, das im Urteil Roe v. Wade festgelegte Recht auf Abtreibung zu kippen. Die Entscheidung war erst durch die Berufung von Amy Coney Barrett an den Supreme Court möglich geworden - einer Katholikin aus dem Mittleren Westen, siebenfachen Mutter und jüngsten Richterin aller Zeiten. Sie hat die konservative Mehrheit im Gericht möglicherweise auf Jahrzehnte zementiert. Der Rechtsruck in der Justiz hat allerdings weit früher begonnen - und der Einfluss konservativer Frauen war immens.
Roe v. Wade wurde bekämpft von dem Moment an, in dem das Urteil verkündet wurde. 1979 etwa gründeten sich die Concerned Women for America. Sie wollen biblische Werte schützen und den moralischen Verfall bekämpfen. Innerhalb der Republikaner sind sie bestens vernetzt. Als die Ernennung von Brett Kavanaugh, Trumps zweitem Kandidaten für den Supreme Court, wegen Missbrauchsvorwürfen auf der Kippe stand, gehörten die Concerned Women zu den konservativen Frauengruppen, die für Kavanaugh warben. Ohne sie hätte er es möglicherweise nicht an den Supreme Court geschafft. Auch er stimmte für die Aufhebung von Roe v. Wade.
Die Autorinnen - beide seit Jahren US-Korrespondentinnen - gehen nicht nur dem Einfluss jener Graswurzelbewegungen nach, sondern lenken den Blick auf die unterschiedlichsten Ebenen. Sie schauen auf die große und die kleine Politik, widmen sich den Kämpfen, die konservative Mütter in der Schulpolitik ausfechten, wo sie gegen Vorschriften zum Maskentragen, LGBTQ und Critical Race Theory Front machen. Sie blicken auf Rechtspopulistinnen in Medien und auf ländlichen Feminismus. Und sie räumen mit dem Vorurteil auf, dass die konservative Frauenbewegung weiß und tendenziell älter ist. So stellen sie Studentinnen vor, die "absolut nicht links sind", sowie konservative Afroamerikanerinnen und Latinas. Insbesondere Letztere könnten in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Entscheidung von Wahlen spielen.
Meiritz und Schäuble schreiben jedoch nicht nur über die Frauen, sie lassen sie auch zu Wort kommen. Viele werden in kleinen Porträts vorgestellt. Mit Blick für Details schildern die Autorinnen Zusammenkünfte konservativer Frauen, Zoom-Gespräche, Anhörungen, mediale Stimmungsmache. Damit öffnen sie eine für uns in ihrer Radikalität häufig unvorstellbare Welt - ohne das Große und Ganze aus den Augen zu verlieren: die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft.
Im Kapitel "Die verlorene Mitte" zeichnen Meiritz und Schäuble den bislang wenig hoffnungsvollen Kampf der Moderaten nach - allen voran Liz Cheneys, die vor dem 6. Januar 2021 wohl niemand als moderat bezeichnet hätte. Im Gegenteil: Cheney galt als Vorzeigekonservative. Nun wird sie von Frauen der gleichen politischen Richtung heftiger angefeindet als von Männern. Am Beispiel Cheney zeigen die Autorinnen, dass es die "GOP, die für niedrige Steuern, einen ausgeglichenen Haushalt, innere und äußere Sicherheit und Eigenverantwortung steht", möglicherweise bald nicht mehr geben wird. Stattdessen wird sie zu einer Partei, die "einen 'culture war' nach dem anderen ausficht, Alliierte mit 'America First'-Rhetorik vor den Kopf stößt und Andersdenkende mit messianischem Eifer verfolgt". In vorderster Reihe: Frauen. Auch wenn die Ergebnisse der Midterm-Wahlen Anfang November nicht mehr in das Buch einfließen konnten, kommt man zu dem Schluss: Das Ausbleiben der roten Welle dürfte die konservative Frauenbewegung allenfalls als kleinen Zwischenfall betrachten. TATJANA HEID
Annett Meiritz/Juliane Schäuble: Guns n' Rosé. Konservative Frauen erobern die USA.
Ch. Links Verlag, Berlin 2022. 256 S., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Aber ganz bestimmt nicht links. Konservative Frauen in den Vereinigten Staaten und ihr großer Einfluss auf viele Aspekte der Politik.
Kari Lake - eine Frau, die sich im Wahlkampf als weibliche Version Donald Trumps inszeniert. Marjorie Taylor Greene - Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Abtreibungsgegnerin und glühende Anhängerin von Verschwörungstheorien. Kelly Tshibaka - Die Senatskandidatin für Alaska hat schon als Studentin geschrieben, dass Homosexualität therapiert werden könnte. Wer die Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten verfolgt hat, dem dürfte aufgefallen sein: Einige der radikalsten, schrillsten Stimmen waren die von Frauen. Und sie sind kein Randphänomen. Im Gegenteil.
Die konservative Frauenbewegung in den Vereinigten Staaten hat in Deutschland bislang kaum systematische Beachtung gefunden. Annett Meiritz und Juliane Schäuble ändern das. In ihrem Buch "Guns n' Rosé" zeigen sie, dass jene radikalen Frauen nur die Spitze einer vielschichtigen Bewegung sind, die - so die Überzeugung der Autorinnen - die Zukunft der Vereinigten Staaten auf Jahrzehnte beeinflussen wird.
Der Titel "Guns n' Rosé" verrät, um was es geht: Frauen, so hart wie Männer, wenn nicht noch härter, noch radikaler. Stockkonservativ, aber oft mit einer deutlichen Betonung ihrer Weiblichkeit. Konservative Frauen werden häufig unterschätzt, auch von anderen Frauen - Demokratinnen zum Beispiel. Unvergessen die Aussage von Michelle Obama: "Jede Frau, die gegen Hillary Clinton gestimmt hat, hat gegen sich selbst gestimmt." Aus der Enttäuschung über das Wahlergebnis sprach Arroganz. Die Anliegen konservativer Frauen mögen für viele überholt sein, fremdgesteuert sind sie deswegen jedoch nicht. Sie haben enormen Einfluss, in Washington, der Lokalpolitik, in Justiz, Medien und Gesellschaft. Hinzu kommt: Die konservative Frauenbewegung ist weniger zerfasert als linker Feminismus, sie tritt geschlossener auf und ist extrem organisiert. Das gibt ihr Macht.
Jüngstes und sehr eindrückliches Beispiel: die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, das im Urteil Roe v. Wade festgelegte Recht auf Abtreibung zu kippen. Die Entscheidung war erst durch die Berufung von Amy Coney Barrett an den Supreme Court möglich geworden - einer Katholikin aus dem Mittleren Westen, siebenfachen Mutter und jüngsten Richterin aller Zeiten. Sie hat die konservative Mehrheit im Gericht möglicherweise auf Jahrzehnte zementiert. Der Rechtsruck in der Justiz hat allerdings weit früher begonnen - und der Einfluss konservativer Frauen war immens.
Roe v. Wade wurde bekämpft von dem Moment an, in dem das Urteil verkündet wurde. 1979 etwa gründeten sich die Concerned Women for America. Sie wollen biblische Werte schützen und den moralischen Verfall bekämpfen. Innerhalb der Republikaner sind sie bestens vernetzt. Als die Ernennung von Brett Kavanaugh, Trumps zweitem Kandidaten für den Supreme Court, wegen Missbrauchsvorwürfen auf der Kippe stand, gehörten die Concerned Women zu den konservativen Frauengruppen, die für Kavanaugh warben. Ohne sie hätte er es möglicherweise nicht an den Supreme Court geschafft. Auch er stimmte für die Aufhebung von Roe v. Wade.
Die Autorinnen - beide seit Jahren US-Korrespondentinnen - gehen nicht nur dem Einfluss jener Graswurzelbewegungen nach, sondern lenken den Blick auf die unterschiedlichsten Ebenen. Sie schauen auf die große und die kleine Politik, widmen sich den Kämpfen, die konservative Mütter in der Schulpolitik ausfechten, wo sie gegen Vorschriften zum Maskentragen, LGBTQ und Critical Race Theory Front machen. Sie blicken auf Rechtspopulistinnen in Medien und auf ländlichen Feminismus. Und sie räumen mit dem Vorurteil auf, dass die konservative Frauenbewegung weiß und tendenziell älter ist. So stellen sie Studentinnen vor, die "absolut nicht links sind", sowie konservative Afroamerikanerinnen und Latinas. Insbesondere Letztere könnten in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Entscheidung von Wahlen spielen.
Meiritz und Schäuble schreiben jedoch nicht nur über die Frauen, sie lassen sie auch zu Wort kommen. Viele werden in kleinen Porträts vorgestellt. Mit Blick für Details schildern die Autorinnen Zusammenkünfte konservativer Frauen, Zoom-Gespräche, Anhörungen, mediale Stimmungsmache. Damit öffnen sie eine für uns in ihrer Radikalität häufig unvorstellbare Welt - ohne das Große und Ganze aus den Augen zu verlieren: die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft.
Im Kapitel "Die verlorene Mitte" zeichnen Meiritz und Schäuble den bislang wenig hoffnungsvollen Kampf der Moderaten nach - allen voran Liz Cheneys, die vor dem 6. Januar 2021 wohl niemand als moderat bezeichnet hätte. Im Gegenteil: Cheney galt als Vorzeigekonservative. Nun wird sie von Frauen der gleichen politischen Richtung heftiger angefeindet als von Männern. Am Beispiel Cheney zeigen die Autorinnen, dass es die "GOP, die für niedrige Steuern, einen ausgeglichenen Haushalt, innere und äußere Sicherheit und Eigenverantwortung steht", möglicherweise bald nicht mehr geben wird. Stattdessen wird sie zu einer Partei, die "einen 'culture war' nach dem anderen ausficht, Alliierte mit 'America First'-Rhetorik vor den Kopf stößt und Andersdenkende mit messianischem Eifer verfolgt". In vorderster Reihe: Frauen. Auch wenn die Ergebnisse der Midterm-Wahlen Anfang November nicht mehr in das Buch einfließen konnten, kommt man zu dem Schluss: Das Ausbleiben der roten Welle dürfte die konservative Frauenbewegung allenfalls als kleinen Zwischenfall betrachten. TATJANA HEID
Annett Meiritz/Juliane Schäuble: Guns n' Rosé. Konservative Frauen erobern die USA.
Ch. Links Verlag, Berlin 2022. 256 S., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Es ist ein überraschendes Buch, ein erschreckendes, ein ausführlich recherchiertes, ein informatives Buch.« Norbert Swoboda Kleine Zeitung 20221211